Landeshauptstadt: Kasper mit Herz und ohne Klatsche Lambert“s Puppentheater gibt letzte Vorstellungen
„Habt ihr alle auch Vorhangpuste mitgebracht?“ Die Kinder der ersten Stuhlreihen springen auf.
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„Habt ihr alle auch Vorhangpuste mitgebracht?“ Die Kinder der ersten Stuhlreihen springen auf. „Jaaa!“ „Dann könnt ihr ja dem Kasper helfen den Vorhang aufzupusten.“ Ganz viele Kleine machen sich groß und pusten mit aller Kraft. Kasper schiebt mit Rückenwind. „Hauuu ruck, hauuuu ruck.“ Und endlich: Lambert“s Puppentheater-Vorhang öffnet sich. Gespielt wird „Kaspers Reise zur Hexe Wackelzahn“. Eine märchenhafte Moral-Komödie in zwei Akten. Den Ausgangspunkt des Schauspiels liefert Kaspers liebe Großmutter: Von ihr erfahren wir, dass die böse Hexe Wackelzahn den Goldsack des gerechten Königs gestohlen hat, woraufhin Kasper beschließt, diesen zusammen mit seinem Freund Flocki zurückzuholen. Im Hexenwald angekommen, gelingt es ihnen (man hat es sich fast gedacht) die Hexe in den Hühnerstall zu sperren, bis der Wachtmeister da ist, und der König seinen Goldsack wieder zurückbekommt. Dass Kasper als „Guter“ im Kampf gegen das „Böse“ letztlich immer siegt, und dass er überhaupt als „Guter“ auftritt, ist allerdings ein in der Puppentheatergeschichte eher junges Phänomen. Man kann es sich schwer vorstellen - Kasper als Böser? - aber tatsächlich. Nach Angaben der freien Enzyklopädie Wikipedia war die Figur, auf die der uns bekannte, gute Kasper zurückgeht, ursprünglich ein englischer Schurke mit Namen Punch. Jahrmarktsbesucher kannten ihn von seinen Auftritten im „Punch and Judy-Spiel“, in dem er die Aufgabe hat, auf sein Kind aufzupassen. Da es schreit, wirft er es aber zum Fenster hinaus, bekommt Streit mit seiner Frau Judy, verprügelt sie und schlägt der Reihe nach alle Personen und Gewalten tot, die ihm begegnen – Polizist, Teufel und sogar den (personifizierten) Tod selbst. Das hauptsächliche Verdienst, den Kasper dann doch noch zum Guten bekehrt zu haben, gebührt den frühen Hohnsteiner Puppenspielern, mit deren Puppen und Vorstellungen auch das in Potsdam gastierende Puppentheater arbeitet. Kasper ist bei ihnen lange nicht mehr der krude Jahrmarktsrüpel, sondern positiver Held mit pädagogischem Anspruch. Und dabei so moralisch, dass selbst die böse Hexe vor strafenden Schlägen mit der Klatsche Badatsche verschont wird. Denn schließlich ist Schlagen böse und gemein. Gutmütig bis zur Unfehlbarkeit ist Kasper allerdings nicht, wie Heike Kaselowsky, die Ehefrau des Kasper-Spielers, bemerkt. Als menschliches Vorbild soll er in jedem Fall Fehler (vor)machen dürfen. Nur so können Kasper und die Kinder schließlich auch daraus lernen.Brigitte Seidig Letzte Vorstellungen in Lambert“s Puppentheater im Lustgarten finden heute um 17 Uhr und morgen um 11 und 17 Uhr statt.
Brigitte Seidig
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