
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Kastanien droht Schädlingsattacke
Stadt und Schlösserstiftung befürchten Befall mit Bakterien und Pilzen. Grünflächenamt verzichtet bereits auf Nachpflanzungen
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Sanssouci - Nach der Miniermotte droht Potsdams Kastanienbäumen neue Gefahr – von Bakterien und Pilzen. Die Schädlinge der Bakterienarten Pseudomonas und Phytophthora sowie der Pilzgattung Verticillium sind deutschlandweit auf dem Vormarsch. Eine kombinierte Attacke der durch den Befall mit der Miniermotte ohnehin geschwächten Kastanien würden viele Bäume nicht überleben, befürchten Experten. Bei von Pseudomonas befallenen Rosskastanien stirbt die Krone ab, am Stamm und an den Ästen zeigen sich Ausblutungen. Phytophthora ruft ähnliche Symptome hervor. Noch seien die Bäume in den Potsdamer Welterbeparks nicht betroffen, „aber wir beobachten die Entwicklung mit Sorge“, sagte Sven Hannemann, Revierleiter des Parks Sanssouci bei der Schlösserstiftung, auf PNN-Anfrage.
Zumal es kein Gegenmittel gibt. In Schleswig-Holstein und im Hamburger Raum seien deswegen bereits ganze Alleen abgestorben, sagte Mathias Hopp, Fachbereichsleiter für den Schlossgarten Rheinsberg. Hopp ist bei der Schlösserstiftung Experte für die Kastanienschädlinge. Das Problem sei „noch nicht zu Ende erforscht“, so Hopp. Miniermotte, Bakterien und auch ein Pilz namens Blattbräune setzten den Kastanien derart zu, dass sie bei einem kombinierten Befall binnen zwei oder drei Jahren abstürben. Welcher Schädling daran welchen Anteil habe, sei ungeklärt, so Hopp.
Auch bei der Stadtverwaltung ist man alarmiert. Im Grünflächenamt macht man sich die größten Sorgen um eine drohende Invasion des Pseudomonas-Bakteriums. „Wenn es soweit kommt, ist die Situation sehr ernst“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Sollte ein Befall festgestellt werden, müsse der betreffende Baum sofort gefällt und seine Überreste vernichtet werden. Damit hoffe man, eine Ausbreitung zu verhindern, so Brunzlow.
Prophylaxe betreibt die Stadt bereits. „Wir pflanzen keine Rosskastanien mehr nach“, sagte Brunzlow. Wenn Kastanien ersetzt werden müssen, würden statt der rot oder weiß blühenden Bäume eine gelbe Kastanienart nachgepflanzt, die von Pseudomonas bislang nicht befallen werde.
Der Gefahr durch einen Verzicht auf Nachpflanzungen zu begegnen, sei eine Empfehlung der Pflanzenschutzämter, sagte Hopp. Für die Schlösserstiftung sei das allerdings schwer umzusetzen. Denn schließlich seien die Bäume in den Gartendenkmalen gerade wegen ihrer Wirkung gepflanzt worden.
Das gilt auch für den Schlosspark Sanssouci. Rund 24 000 Bäume gebe es dort insgesamt, so Parkrevierleiter Hannemann. Weniger als 1000 davon seien Kastanien. „Aber wenn Lenné an einer bestimmten Stelle eine Kastanie gepflanzt hat, dann wird sie dort wenn nötig auch durch eine Kastanie ersetzt.“
Selbst ohne das Zutun neuer Schädlinge bieten viele Kastanien im Park Sanssouci und im Neuen Garten ein beklagenswertes Bild. An den Kronen hängen oft nur noch braune, vertrocknete Blätter – im Vergleich zu benachbarten Bäumen anderer Arten, die noch im satten Sommergrün stehen, ist der Kontrast besonders groß.
Schuld daran seien aber nicht nur Schädlinge wie die Miniermotte, sagt Hannemann. Vor allem an den Parkrändern, etwa in der Geschwister-Scholl- Straße, hätten die Bäume auch unter den Folgen des Winterdienstes zu leiden. In den letzten Jahren werde bei Schnee- und Eisglätte wieder vermehrt Salz statt Sand gestreut, kritisierte Hannemann. Dies schädige die Wurzeln der Bäume massiv.
Die rund 1200 städtischen Kastanien seien hingegen „in gutem Zustand“, so Stadtsprecher Brunzlow. Den Bestand der Miniermotte habe man „im Griff“. Das Laub der Kastanien, in dem die Larven der Motte leben, werde seit Jahren gesammelt und anschließend verbrannt. Ganz ausrotten könne man die Schmetterlingsart nicht, aber die Ausbreitung lasse sich eindämmen, so Brunzlow.
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