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Noch eine Brache. So lange auf dem Plattner-Campus am Jungfernsee kaum potenzielle Fahrgäste wohnen, wird auch die neue Tramstrecke nicht gebaut.

© Lutz Hannemann

Landeshauptstadt: Kaum Geld für die Tram

Neuer Nahverkehrsplan listet nichtfinanzierte Vorhaben auf. Einschnitte in den neuen Ortsteilen

Von Peer Straube

Stand:

Für Erhalt und Ausbau des Tramnetzes, Potsdams wichtigstem öffentlichen Verkehrsmittel, fehlt der Stadt weiterhin das Geld. Fünf geplante Sanierungs- und Neubauvorhaben sind derzeit nicht gesichert und können wohl frühestens 2016 begonnen werden. Das geht aus dem aktuellen Nahverkehrsplan für die Jahre 2012 bis 2018 hervor, den Stadtplanungschef Andreas Goetzmann und Martin Grießner, Geschäftsführer des Verkehrsbetriebs ViP, am Dienstag vorstellten.

Ungedeckt sind etwa die sechs Millionen Euro für die Erweiterung der Tramgleise vom Bornstedter Feld bis zum Plattner-Campus am Jungfernsee. Der Streckenneubau ist wie berichtet Teil eines städtebaulichen Vertrags, den die Stadt bereits vor Jahren mit dem Campus-Eigentümer, Software-Milliardär und Mäzen Hasso Plattner, geschlossen hat. Das Planfeststellungsverfahren sei inzwischen so alt, dass es wahrscheinlich vor einem Baubeginn erst aktualisiert werden müsse, sagte Verkehrsbereichsleiter Bernd Kahle. Laut Goetzmann ist mit einem Baustart nicht vor 2015 zu rechnen. Das Vorhaben sei erst dann sinnvoll, wenn es auch ein Fahrgastaufkommen gebe. Plattners Projektentwickler Gerhard A. Burkhardt hatte vor Jahresfrist einen Baustart für die geplanten bis zu 90 Stadtvillen und 60 Luxus-Eigentumswohungen auf dem Areal für das Frühjahr 2012 in Aussicht gestellt. Bislang ist lediglich das SAP-Innovationszentrum auf dem Gelände errichtet worden.

Weitere Vorhaben, die bis auf Weiteres auf der Strecke bleiben, sind die 15 Millionen Euro teure Sanierung der Tramstrecke in der Heinrich-Mann-Allee, die auf 3,2 Millionen Euro veranschlagte Rekonstruktion der Gleise in der Kastanienallee, der auf elf Millionen Euro taxierte Umbau des Leipziger Dreiecks und die Sanierung der Tram-Endhaltestelle Rehbrücke für 3,1 Millionen Euro.

Ungeachtet der Finanzierungsschwierigkeiten wollen Stadt und ViP den Anteil umweltfreundlicher Verkehrsarten am Gesamtverkehr – neben dem Nahverkehr zählen Radfahren und zu Fuß gehen dazu – bis 2018 auf 67 Prozent steigern. Aktuell liegt er bei 63 Prozent. Der ViP verzeichnet seit acht Jahren steigende Fahrgastzahlen. 2004 fuhren jährlich 24,3 Millionen Menschen mit ViP-Trams und -Bussen, 2010 waren es bereits mehr als 31,1 Millionen. Aktuelle Zahlen liegen noch nicht vor. Allerdings seien in diesem Jahr bereits 4,1 Prozent mehr Einnahmen durch Fahrscheinverkäufe zu verzeichnen als im Vergleichszeitraum 2011, erklärte Grießner.

Bis 2014 will der ViP seine Tram- Flotte komplett auf behindertengerechte Niederflurbahnen umgestellt haben. 17 Combinos sollen dann durch 18 Variobahnen ergänzt worden sein, derzeit sind es zehn, eine davon läuft noch im Testbetrieb. Auch der behindertengerechte Umbau von Haltestellen soll in den kommenden Jahren weiter vorangetrieben werden – als Nächstes ist die Haltestelle vor dem Stadthaus dran, wenn ab 2013 die Friedrich-Ebert-Straße saniert wird.

Da der Leistungs- und Finanzierungsvertrag zwischen der Stadt und dem ViP Ende 2014 ausläuft, wollen beide Parteien im kommenden Jahr über die Modalitäten des Nachfolgepapiers verhandeln. Laut Grießner bekommt der ViP derzeit jährlich rund 20 Millionen Euro an Zuschüssen. Je die Hälfte kommt vom Land, inklusiv eines städtischen Eigenanteils, und von der ViP-Mutter, den kommunalen Stadtwerken. Ob die Zuschüsse nach 2015 erhöht werden müssen, hänge vom Umfang der bestellten Leistungen ab, sagte Grießner.

Um Kosten zu sparen, will der ViP sein Angebot in dünn besiedelten Regionen in den Nebenverkehrszeiten reduzieren. Zur Disposition stehe dabei der spätabendliche Busverkehr nach Kartzow, Satzkorn, Sacrow, Grube und Alt-Golm, erklärte Verkehrsplaner Detlef Pfefferkorn. Hier müsse über ein Rufbus-Modell nachgedacht werden, wie es bereits vor Jahren für Babelsberg eingeführt wurde. Die Passagiere bestellen dabei den Rufbus vor Fahrtantritt zu ihrer Ankunftszeit an die gewünschte Haltestelle.

Als vom Land gefördertes Pilotprojekt soll eine Mobilitätsagentur eingeführt werden. In einem Büro im Hauptbahnhof und auf einem neuen Internetportal soll man sich auf einen Blick über alle Verkehrsangebote der Stadt und des Landkreises Mittelmark informieren können – von Busfahrzeiten über Fahrradausleihstationen bis zu Carsharing-Angeboten.

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