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Der Studierendenausschuss der Uni Potsdam (AStA) über schwierige Zeiten, Prioritäten und das studentische Leben in der Innenstadt
Stand:
Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Potsdam stand in den vergangenen Wochen in der öffentlichen Kritik (PNN berichteten). Etwa wegen Vorwürfen, die vom AStA gegen die Bewerberstelle für ausländische Studierende Uni-Assist erhoben wurden, aber auch wegen der allgemeinen Arbeitsweise. Das Studierendenparlament (StuPa) der Uni Potsdam hat nun per Beschluss dem AStA eine gute Arbeit bescheinigt. Die PNN sprachen mit dem Studierendenausschuss über die aktuelle Lage.
Haben sich auch Studierende beim AStA gemeldet, um ihm den Rücken zu stärken?
Ermler: Leider gab es bisher weder Mails zu der Kritik, noch hat uns jemand persönlich darauf angesprochen. Das liegt wohl auch an den derzeitigen Semesterferien.
Wernicke: Jedoch haben wir von anderen hochschulpolitischen Studenten-Organisationen viel Rückhalt und Bestätigung für unsere Position bekommen. Besonders zu unserer Kritik, dass Assist e.V. eine diskriminierende Hürde für Ausländer darstellt, die hier studieren möchten.
Es wurde kritisiert, dass der AStA die Prioritäten falsch setzt. Arbeit bleibe liegen, lautete ein Vorwurf.
Wernicke: Wir haben mit dem AStA viel inhaltliche Arbeit auf den Weg gebracht. Das betrifft alle Referate. Die Problematik, solche Arbeit öffentlichkeitstauglich zu vermitteln, lässt sich am Beispiel der Hochschulpolitik darstellen: Hier lag ein Schwerpunkt beispielsweise auf der Studienstrukturreform, mit der wir uns hauptsächlich in Gremiensitzungen beschäftigten. Die dabei auftretenden Probleme und Lösungen sind einer studentischen Öffentlichkeit häufig schwer zu vermitteln. Im Rahmen der Beschäftigung mit der Thematik wurde etwa ein Vorschlag entwickelt, wie ehrenamtliches Engagement von Studenten in den bald kommenden Bachelor-Studiengängen angerechnet werden kann. Klar, dass das Thema Rektor-Neuwahl auf den ersten Blick interessanter klingt. Bis jetzt hatten wir allerdings keine Priorität darauf gesetzt. Vernünftigerweise, wie ich finde, da das Thema erst jetzt aktuell wird und vorher eben andere Schwerpunkte bearbeitet wurden.
Und was macht Ihr ganz praktisch, was merken die Studierenden vom AStA?
Der AStA organisiert regelmäßig Veranstaltungen, um so Akzente zu bestimmten Themen zu setzen. Er kommt damit seinem satzungsgemäßen Auftrag nach „Förderung der politischen Bildung sowie der geistigen und kulturellen Interessen“ der Studierendenschaft nach. Hier sind insbesondere die Montagskulturen hervorzuheben, die in der Vorlesungszeit jede Woche stattfinden.
Stichwort Kulturzentrum: Der AStA betreut das neue KuZe neben der normalen AStA-Arbeit. Habt ihr Euch mit dieser Zusatzbelastung übernommen?
Ermler: Es war dem AStA von Anfang an klar, dass die Zeit rund um die Eröffnungsphase viel Kraft kosten würde. Und es war klar, dass unser AStA das studentische Kulturzentrum nach acht Jahren Planungszeit eröffnen würde – darüber sind wir sehr froh. Die Besucher finden hier alles von einer Kneipe über Siebdruck-, Foto und Videowerkstätten, einen Bandprobenraum, Seminarräume, einen Theatersaal und Ausstellungsräume. Allerdings kämpfen wir seit Monaten mit immensen Baumängeln, die dem Bauherrn schon seit der Eröffnung bekannt sind, aber trotz festgelegter Termine nicht behoben wurden. Diese Punkte konnten bisher nicht zu unserer Zufriedenheit geklärt werden. Dies schränkt die Nutzbarkeit des studentischen Kulturzentrums ein. Weiterhin sind die Öffnungszeiten des gesamten Kulturzentrum fälschlicherweise im Bauantrag nur bis 22 Uhr angeben worden. Dieses Problem fällt uns zur Zeit auf die Füße. Startschwierigkeiten sind bei einem Projekt dieser Größenordnung sicherlich nicht selten, jedoch sollten sich meines Erachtens alle Seiten um Lösungen bemühen.
Nun ziehen sich gerade in solchen Zeiten AStA-Referenten zurück. Vier sind zurückgetreten, für zwei Referate gibt es noch keine Lösung. Einer ging wegen seiner Diplomarbeit. War nicht jedem klar, dass die AStA-Arbeit ein Jahr lang dauert?
Ermler: Die Legislaturperiode dauert ein Jahr. Die Arbeit bzw. auch der Stress, der auf die Referenten zugekommen ist, hätte jedem klar sein müssen. Der Zeitpunkt der Rücktritte ist dabei signifikant – nach einem halben Jahr, kurz nach der Weihnachtspause. In den Weihnachtsferien konnten wir zum ersten Mal seit Monaten für einen Moment Luft holen. Die Einarbeitungsphase lag bereits hinter dem AStA. Der eine und die andere haben diesen Zeitpunkt genutzt, um ihre Prioritäten zu überdenken. Dennoch danken wir ausdrücklich den zurückgetretenen Referenten für ihre bis dato geleistete Arbeit. Nun hoffen wir natürlich darauf, dass wir neue personelle Unterstützung für die verbleibenden Monate der Legislaturperiode erhalten werden.
Der AStA bereitet derzeit mit dem Stadtjugendring das studentische Sommerfest vor. Es soll auf dem Bassinplatz stattfinden, doch die Stadt sperrt sich. Was wollt ihr dagegen tun?
Ermler: Unser Referent Jan Glogau beschäftigt sich damit. Er hat am Dienstag ein Widerspruchsschreiben an die Stadt rausgeschickt, in dem wir die Erwähnung von Anwohnerbeschwerden in der Innenstadt bei vorangegangen Hochschulsommerfesten zurückweisen. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die genehmigte WM-Festmeile im Juni auf der Brandenburger Straße und dem Luisenplatz. Wir haben die Stadtverwaltung auch erneut um ein klärendes Gespräch gebeten, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Dem AStA der Uni Potsdam und der FH Potsdam ist daran gelegen das Hochschulsommerfest auf der Aktionsfläche des Stadtjugendringes auf dem Bassinplatz auszurichten. Das ist eine politische Entscheidung: Wie auch mit dem Kuze soll mit dem Hochschulsommerfest das studentische Leben und studentische Kultur in die Potsdamer Innenstadt geholt werden. Wir fordern von der Stadt und ihren Bewohnern ein, dass sie sich endlich bewusst machen, dass es in Potsdam drei Hochschulen und über 20 000 Studierende gibt. Und Studenten sind nun mal auch junge Menschen. Überspitzt gesagt – einmal im Jahr wollen wir auch mal laut sein dürfen.
Das Gespräch führte Henri Kramer
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