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HEYES Woche: Kein Angst vor Fremdheit

Ja, wer könnte es leugnen, der 11. September 2001 hat die Welt verändert.

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Ja, wer könnte es leugnen, der 11. September 2001 hat die Welt verändert. Der Anschlag hatte Folgen, die niemand voraussehen konnte. Zum Beispiel, dass die USA den leichtfertig begonnenen Überfall auf den Irak teuer bezahlen würden. Er wurde zu einem militärischen Abenteuer, dessen Kosten in die Billionen Dollar gingen. Es war eben nicht der Spaziergang, den sich mancher in der Bush-Administration erhofft hatte. Kein fescher Krieg, wie ihn die österreichische KUK-Monarchie gern vom Zaun brach, wenn sie mit ihrem diplomatischen Latein am Ende war. Es wurde ein Debakel, das die amerikanische Staatskasse plünderte. Aber seitdem ist auch die Bundeswehr im Einsatz in Afghanistan und das Einsatzführungskommando nahe Potsdam hatte mehrfach traurige Nachrichten zu bestätigen.

Aber noch einen Effekt hatte die Macht der Bilder, die an diesem sonnigen Vormittag vor zehn Jahren um die Welt gingen und die sich nicht löschen lassen, weil sie jede Fantasie über menschliche Niedertracht sprengten: Die Angst vor dem Fremden. Umfragen signalisieren wachsende Ausländerfeindlichkeit. Die Grenzen selbst zwischen Dänemark und Deutschland sind wieder sichtbar und zwischen Italien und Frankreich auch und das obwohl die Außengrenzen der Europäischen Union hermetisch abgeriegelt sind. Es wächst auch die individuelle Distanz zu Nachbarn, die augenscheinlich aus einem anderen Kulturkreis stammen könnten. Nein, ein freundliches Miteinander und herzliches Willkommen für Einwanderer bleibt eine Ausnahme. Misstrauen ist die Regel. Reisen mit dem Flugzeug macht keinen Spaß mehr. Noch ist der Nacktscanner nicht im Einsatz, aber seien Sie sicher, er wird kommen. Er wird nichts wirklich beitragen zu dem, was die Sicherheitshysteriker uns einzureden versuchen. Aber viel schaden wird er (hoffentlich) nicht. Trotz des angstgeleiteten Rückzuges auf das scheinbar überschaubare nationale Territorium bleibt zu hoffen, dass in den nächsten zehn Jahren ein höheres Maß an Gelassenheit die internationalen Beziehungen entspannt. Und das auch in der EU der nationalistische Rückfall und die spürbare Europamüdigkeit einer neuen Begeisterung weichen könnte. Wir in Deutschland jedenfalls werden alsbald froh sein über jeden Einwanderer, der zu uns kommt. Derzeit gehen mehr weg als zu uns kommen. Wie gesagt, das Boot ist nicht voll, es wird leider immer leerer. Das wird sich nur ändern, wenn wir die Angst vor dem Fremden in Neugier verwandeln und uns bereit finden, es als Bereicherung anzunehmen.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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