
© A. Klaer
Von Guido Berg: Kein Aufzug am Shabbat
Die Kritiker der Haberland-Synagoge beschrieben in der Französischen Kirche ihre Motive
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Innenstadt - Die Situation der Französisch-Reformierten Gemeinde sei vergleichbar mit der der Juden in Potsdam, erklärte gestern Pastorin Hildegard Rugenstein. Etwa 150 interessierte Potsdamer waren in den ovalen Kirchenbau der Französisch-Reformierten am Bassinplatz erschienen, um sich über die Hintergründe des Potsdamer Synagogenstreites informieren zu lassen. „Auch wir wissen, was es heißt, verfolgt zu werden“, sagte die Pastorin, „auch wir wissen, was es heißt, ein Kirchengebäude geschenkt zu bekommen – Friedrich II. hat es allerdings privat bezahlt“.
So entspannt, wie er begann, verlief der Abend auch, denn die Befürworter des Synagogen-Entwurfes von Architekt Jost Haberland waren nicht erschienen. Sie sollen, erklärte Moderator und Generalsuperintendent i. R. Hans-Ulrich Schulz, bei einer eigenen Veranstaltung am gleichen Ort Gelegenheit bekommen, ihren Standpunkt vor den Bürgern zu vertreten.
Der Vorsitzende der Synagogengemeinde, der Dirigent Ud Joffe schilderte zunächst den zeitlichen Hergang des Konflikts. Schon früh habe der Rabbiner Nachum Presman, bis 2010 Rabbiner der Jüdischen Gemeinde und jetzt geistiger Vorstand der Synagogengemeinde, auf das Problem eines Gebetssaales im zweiten Obergeschoss aufmerksam gemacht. Der Berliner Rabbiner Yitzak Ehrenberg habe das so gewollt, da über einem Gebetssaal nur der Himmel sein dürfe. Unsinn, erklärt dazu Joffe, es dürften keine regelmäßige nicht-sinnvolle Nutzung darüber stattfinden, was natürlich in einem Synagogengebäude nicht vorkomme. Es gebe in Israel Synagogen im Erdgeschoss von Hochhäusern – „kein Problem“. Was aber aus Sicht von Presman und Joffe nicht gehe, sei der von Ehrenberg für ältere und behinderte religiöse Juden vorgeschlagene Shabbat-Aufzug, der dem religiösen Shabbat-Gefühl jedoch schade. Gleichsam kritisiert Joffe, das der einstige Vorsitzende des Bauvereins sechs Monate vor Beginn der Ausschreibung für den Synagogen-Wettbewerb diese Einwende mit der Bemerkung weggefegt habe: „Das wurde so entschieden.“ Joffe zog zum Vergleich Ehrenbergs Synagoge in Berlin heran, die über einen Gebetssaal im Erdgeschoss – und darüber zwei komplette Etagen verfügt.
Zu den Kritikern des Haberland-Entwurfes gehört auch die Bürgerinitiative Mitteschön, deren Mitbegründer Ulrich Zimmermann erklärte: „Ich finde diese Synagoge nicht schön.“ Zwar könne jeder über Schönheit streiten; doch bei einem Bauwerk in der Mitte einer Stadt müsse Schönheit auf einen generationsübergreifenden Konsens aufbauen. Das sei bei dem Gebäude in der Schlossstraße 1, für das am 1. Juni Baubeginn ist, nicht der Fall. „Wir wollen einen modernen Bau, der geschätzt und geachtet wird und auf den wir stolz seien können. Der Haberland-Entwurf sei als sakraler Bau äußerlich nicht erkennbar - und schon gar nicht als Synagoge. Es handele sich um eine „glatte und gesichtslose Architektur“. Weder das Land Brandenburg als Finanzier der Bausumme von 5,3 Millionen Euro noch der Bauverein hätten je Bereitschaft erkennen lassen, am Entwurf der Außenfassade noch etwas ändern zu wollen.
Joffe stellte im Weiteren eigene Überlegungen vor. So könnte der Gebetssaal ins Erdgeschoss verlegt und mit dem kleinen, zweiten Gebetssaal zu einem großen Gebetssaal verschmolzen werden. Nach jetzigem Plan wird die Synagoge über 112 Plätze verfügen. „Zu wenig“, findet Joffe, um dort attraktive jüdische Veranstaltungen haben zu können.
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