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Studentenwerk kämpft noch mit der Bürokratie der EU-Verordnungen / Ab April aber mehr Bio in den Mensen
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Studentenwerk kämpft noch mit der Bürokratie der EU-Verordnungen / Ab April aber mehr Bio in den Mensen Von Mandy Schneider Die Chancen, dass es in Zukunft in den Potsdamer Mensen preiswertes Bioessen gibt, stehen momentan eher schlecht. Denn das Studentenwerk, als Verwalter der Mensen der Potsdamer Hochschulen, sieht sich mit zahlreichen Problemen konfrontiert. In erster Linie geht es um die so genannte Biozertifizierung. Diese ist nötig, um Produkte aus biologisch kontrolliertem Anbau zubereiten und verkaufen zu können. Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau unterliegen strengen Richtlinien: Sie dürfen laut EG-Öko-Verordnung nicht bestrahlt, Gemüse und Früchte nicht mit mineralischen Dünger oder chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. Die Fütterung der Tiere darf nur mit ökologisch produzierten Futtermitteln ohne Zusatz von Antibiotika und Leistungsförderern erfolgen. Anstoß für das Vorhaben biozertifizierter Mensen gaben der Uni-AStA sowie die Studenten selbst. Sie schlugen unlängst vor, dass an den Mensen mehr Ökoprodukte benutzt werden sollen. Das größte Problem für das Studentenwerk Potsdam stellt dabei aber nach eigenen Angaben der Paragraphendschungel der EG-Ökoverordnung dar. Um eine Biozertifizierung zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Laut Studentenwerk fehle es im Moment an finanziellen und räumlichen Kapazitäten dafür. Bei „reinem“ Bioessen bestehe nicht nur das Problem, dass die Nahrungsmittel getrennt eingekauft und gelagert werden müssen, sondern die Zubereitung müsse auch in seperaten Geräten erfolgen. „Die Speisen müssen von gesonderten Köchen und völlig getrennt von den anderen Speisen gekocht werden. Es bedarf also eines sehr hohen personellen, finanziellen und logistischen Aufwandes, wenn man ein Bioessen zubereiten und verkaufen möchte,“ erklärt die Sprecherin des Studentenwerkes Potsdam, Gudrun Wewetzer. Das Deutsche Studentenwerk verhandelt zur Zeit mit dem Bund über Vereinfachungen der bestehenden Regelungen. Zudem dürfe ein Bioessen nicht wesentlich teurer als ein konventionelles Essen sein. Auch dies müsse berücksichtigt werden. Vom Studentenwerk werde derzeit geprüft, ob sich die Einführung „reinen“ Bioessens auch wirtschaftlich lohnt. Die Ökologiereferentin des AStA, Tina Hoffmann, gibt sich optimistisch. „Das Studentenwerk hat zugesagt, künftig beim Einkauf verstärkt auf ein Einsatz von Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau zu achten“, erzählt sie. So plane das Studentenwerk zum Beginn des Sommersemesters beim Wahlkomponentenessen teilweise Bioprodukte zu verwenden. Ein „reines“ Bioessen werde es zu Beginn des nächsten Semesters aber nicht geben. Teile des Komponentenessens sollen durch Ökoprodukte ersetzt werden. „Wobei keine Preissteigerungen zu befürchten sind“, wie Tina Hoffmann versichert. Beim Kauf von Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau von Anbietern aus der Region und Saison-Gemüse könne zudem durchaus zu konventionellen Preisen eingekauft werden. Im Moment ist es in den Potsdamer Mensen möglich, aus vier verschiedenen Essen zu wählen. Eine fünftes Essen einzuführen ist laut Studentenwerk derzeit nicht möglich. Die Meinungen der Studierenden zum Thema Bioessen sind geteilt. Viele begrüßen die Bemühungen des Studentenwerkes, biologisches Essen anzubieten. Andere wiederum lehnen die Neuerungen ab. Jurastudent Matthias etwa befürchtet, dass das Essen durch die Neuerung noch teurer werde: „Dabei wurden erst zu Beginn des Wintersemesters die Preise erhöht.“ Eine Studentin der Sozialpädagogik findet die Idee gut. „Weil es mir wichtig ist, mich gesund zu ernähren und zu wissen, dass möglichst wenige Zusatzstoffe im Essen sind.“ Das Berliner Beispiel zeigt, dass es durchaus möglich ist, Bioessen in den Mensen zu etablieren. In den dortigen Mensen wird seit sechs Jahren täglich ein Bioessen angeboten. Etwa zehn Prozent der Mensagänger nutzen laut Studentenwerk Berlin das Angebot. Die Sprecherin des Studentenwerks betont aber, dass ökologische Produkte teurer sind als konventionelle. „Ein Bioessen zum gleichen Preis anzubieten wie ein konventionelles Essen ist nicht möglich“, lautet das Fazit der Berliner.
Mandy Schneider
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