Landeshauptstadt: Kein Essen für Sieger
Über die Qualität der Schulspeisung an der Sportschule diskutieren Betreiber, Eltern und Schulleitung seit Jahren
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Die Verpflegung an der Sportschule wird den Ansprüchen einer Sportlerernährung nicht gerecht. Zu diesem Schluss kamen Gutachter der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nach einer Begehung der Mensa in der Zeppelinstraße, die vom Caterer „Bärenmenü“ betrieben wird. Zwei Jahre ist das her. Geändert hat sich seitdem zum Ärger der Elternvertreter und des Schulleiters wenig.
„Grundsätzlich hat sich nichts verbessert“, sagt Rüdiger Ziemer, Leiter der „Eliteschule des Sports Friedrich Ludwig Jahn“: „Die Nährstoffe, die wichtig sind, fehlen.“ Immer noch sei der Anteil an Halbfertiggerichten, frittiertem Fleisch und Fisch in Panade „erheblich“. Dabei wurden die Mitarbeiter des Küchenbetreibers am Olympiastützpunkt geschult, zuletzt im Dezember 2006, erklärt ein Mitglied der Elternkonferenz. Auch eine Broschüre der AG Ernährungsberatung des Deutschen Olympischen Sportbundes mit Qualitätskriterien und einer „Ampelliste“ liege „Bärenmenü“ vor. „Das wird beim Mittagessen nicht immer umgesetzt“, beklagt die Mutter.
Der besorgte Schulleiter verweist nun auf eine Studie der Potsdamer Ernährungswissenschaftlerin Anja Carlson vom vergangenen Jahr und spricht von einem „alarmierendem Befund“: Blutuntersuchungen bei einem Großteil der knapp 600 Sportschüler hätten unter anderem ergeben, dass 40 Prozent der Kinder mangelhafte Eisenwerte aufweisen. Für Ziemer ist das ein Zeichen dafür, „dass sich zwischen Trainingsbelastung und Ernährung ein Widerspruch findet“.
Als weiteres „Alarmsignal“ wertet Ziemer die Tatsache, dass keiner der Spitzensportler, die die Schule hervorgebracht hat, an der Schulspeisung teilnimmt. Schlechtes Essen könnte den Traum vom Olympiasieg zunichte machen, so der Umkehrschluss. „Sie können keinen Mercedes ohne Benzin einen Berg hochfahren lassen“, umschreibt Ziemer das Problem. Der Schulleiter will dem Elite-Anspruch gerecht werden: „Wir müssen alles tun, damit sich die Träume der Kinder erfüllen, wenn sie psychisch und physisch dazu die Voraussetzungen in sich tragen.“ Zwischenzeitlich hätten sogar die Trainer vom Schulessen abgeraten, sagt Helmar Worbeto, Elternvertreter in der „Mensakonferenz“, die sich alle zwei bis drei Wochen trifft. Momentan nimmt die Hälfte der Schüler an der von „Bärenmenü“ angebotenen Vollverpflegung teil. „Die, die es können, suchen sich Alternativen“, so eine Mutter.
„Die Situation ist verfahren“, findet der Schulleiter. Mit den Mensa-Betreibern ist er seit Jahren im Gespräch – bisher ohne Erfolg. „Bärenmenü kommt uns immer scheinbar entgegen“, so Ziemer. So gebe es mittlerweile unter anderem vier Gerichte zur Auswahl, dazu Vorsuppen, eine Nudelbar, Salate und eine Schauvitrine, in der auch der Nährwert der Gerichte ausgewiesen wird. Trotz des „deutlich verbesserten Angebotes“ bestehe eine „Riesendiskrepanz zwischen unseren Erwartungen und dem, was Bärenmenü glaubt, geben zu müssen“. Die Ernährung sei nicht „sportgerecht“.
Als möglichen Ausweg sieht der Schulleiter die Anhebung des von den Eltern bezahlten Regelsatzes von bisher 7,50 Euro pro Tag. Dafür hat die Elternkonferenz ihr Votum bereits im September 2006 gegeben. Ziemer strebt nun eine Neuausschreibung des Mensabetriebes „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ an. Vorher werde man jedoch die Küchensituation an anderen Sportschulen erkunden. Die Neuausschreibung stehe „frühestens Ende 2007“ an. Eine Konfrontation mit „Bärenmenü“ will der Schulleiter vermeiden: Wenn „Bärenmenü“ das beste Angebot macht, bekomme es den Zuschlag.
Küchenleiter Matthias Groß reagierte gestern auf PNN-Anfrage „verwundert“. Seiner Ansicht nach ist „die sportgerechte Ernährung gegeben“. Der Caterer beliefere schließlich auch eine Berliner Sportschule nach dem selben Speiseplan. Dort gebe es „keine Beschwerden“, sagte Groß. Die in Potsdam bemängelten „Kleinigkeiten“ seien bereits abgestellt worden, erklärte er weiter. So gebe es seit Januar 2007 einen neuen Speiseplan: „Paniertes Fleisch gibt es gar nicht mehr.“
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