Landeshauptstadt: „Kein gesunder Haushalt“
Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) über Herausforderungen und Risiken für den Potsdamer Etat
Stand:
Herr Exner, bei einem Blick in den gerade vorgelegten Haushaltsabschluss für das Jahr 2011 stellt sich die Frage: Können Sie auf wundersame Weise Geld vermehren?
Natürlich nicht. Aber es ist auch mein Job, bessere Abschlüsse vorzulegen als geplant. Stellen Sie sich vor, es wäre umgekehrt und man müsste Löcher stopfen und Haushaltssperren verhängen.
Aber für 2011 sind die Zahlen schon erstaunlich: Sie hatten für den städtischen Haushalt ursprünglich 21,5 Millionen Euro Verlust einkalkuliert, sind dann aber bei einem Plus von 2,7 Millionen gelandet. Können Sie das erklären?
Die laufende Verwaltungstätigkeit der Stadt – darauf kommt es an – schließt noch immer mit einem Minus von 0,9 Millionen Euro ab. Das entspricht noch keinem gesunden Haushalt. Zudem handelt es sich um eine Mischung aus Entwicklungen, die nicht genau vorhersehbar sind, und aus einmaligen positiven Effekten. So haben wir 2011 wegen der guten Konjunktur allein 3,8 Millionen Euro mehr als geplant über unseren Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer eingenommen. Dazu kommen zum Beispiel Einsparungen durch das niedrige Zinsniveau, höhere Gewinnabführungen aus den kommunalen Unternehmen und insgesamt drei Millionen Euro Buchgewinne, also außerordentliche Erträge aus dem Verkauf von städtischen Grundstücken. Auch bei den Aufwendungen der Stadtverwaltung waren wir knapp vier Millionen Euro besser als geplant – das zeigt, dass auch im Rathaus gespart wird.
Was passiert mit diesen Überschüssen?
Diese gehen automatisch in die Rücklage, das schreibt der Gesetzgeber vor – damit das Geld für schlechtere Jahre zur Verfügung steht. Denn die gute konjunkturelle Lage wird sich nicht unendlich fortsetzen. Ein wirtschaftlicher Einbruch geht stets einher mit weniger Steuereinnahmen und höheren Sozialausgaben – dann kann das ganz anders aussehen.
Auch für die nächsten anstehenden Abschlüsse sehen die Vorzeichen gut aus. Welches Plus erwarten Sie für 2012 und 2013?
Wie wir schon im letzten Jahr kommuniziert haben, könnte es 2012 hauptsächlich wegen zusätzlicher Steuererträge mit Einmaleffekt auf einen Überschuss von zehn Millionen Euro hinauslaufen. 2013 hatten wir deutlich geringere Einnahmen bei der Gewerbesteuer – dennoch hoffe ich auf eine schwarze Null.
Sie gelten als Anhänger weiterer Steuererhöhungen. Doch wie wollen Sie höhere Steuern mit solchen formidablen Jahresabschlüssen wie 2011 begründen?
Es ist kein formidabler, allenfalls ein akzeptabler Jahresabschluss. Wir sind eine wachsende Stadt, die nötige Infrastruktur, speziell im Bereich Bildung, kostet enormes zusätzliches Geld – dafür müssen Kredite aufgenommen werden. Ein Beispiel: Jede neue weiterführende Schule wird den Stadthaushalt mit rund zwei Millionen Euro pro Jahr zusätzlich belasten. Zugleich sinken die investiven Zuschüsse. Daher muss es unser Ziel sein, einen investitionsorientierten Haushalt zu erreichen, der laufend Überschüsse erwirtschaftet, um investieren zu können. Deswegen wird man nicht umhinkommen, auf die Ertragsseite zu schauen und die Möglichkeiten, die wir dort haben. Es wäre ein Irrtum, anzunehmen, darum käme man herum.
Die Fragen stellte Henri Kramer
Noch bis zum Sonntag können die Potsdamer Vorschläge für den aktuellen Bürgerhaushalt abgeben. Bei diesem Verfahren sind Ideen gesucht, wo in der Stadt investiert und wo gespart werden könnte. Aktuell werden etwa der Neubau von Sportanlagen im Potsdamer Norden, die Umwandlung des Sportforums in der Waldstadt von einem Schotter- zu einem Kunstrasenplatz sowie die Überdachung der Rollsportanlage in der Heinrich-Mann-Allee gefordert – aber auch höhere Bußgelder für Ordnungswidrigkeiten. Für die Vorschläge darf jeder Potsdamer maximal fünf Punkte vergeben. Mit den Gewinnervorschlägen müssen sich die Stadtverordneten befassen. Beteiligen können sich Potsdamer über das Internet, per Post oder bei diversen Bürgerversammlungen. (PNN)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: