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Landeshauptstadt: Kein Ghetto, aber „unfassbare“ Einzelschicksale

Der Sozialarbeiter Mathias Selbach und CDU-Politiker Sven Petke sprachen über Kinderarmut in Drewitz

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Drewitz – Soviel Armut hat sich Mathias Selbach nicht vorstellen können, als er vor gut einem Jahr im Kinderclub „Junior“ als Sozialarbeiter anfing. Und trotzdem: Er möchte Drewitz auf keinen Fall als „Ghetto“ stigmatisiert wissen. Der Stadtteil rund um die Konrad-Wolff-Allee habe trotz der vielen Probleme auch andere Seiten – wie eben den Club in der Robert-Baberske-Straße, in den Selbach gestern den bekannten CDU-Landtagsabgeordneten Sven Petke eingeladen hatte, um mit ihm über Armut bei Kindern und die Zukunft von Drewitz zu sprechen.

Petke musste dabei oft überrascht nachfragen, weil Mathias Selbach auch über „unfassbare“ Einzelschicksale berichtete, die ihm während seiner Arbeit schon begegneten. So erzählte der Sozialarbeiter über ein Mädchen, dass immer angstvoll blicke, wenn ein Besuch bei der Oma anstehe – weil die Großmutter immer so viel Alkohol trinke, dass sie schließlich neben der Toilette einschlafe. Noch schlimmer sei nur, wenn Papa betrunken sei Ebenso erzählte Selbach von Kindern, die hungrig aus dem Wochenende kämen – oder deren Nahrung ständig nur aus billigen Fünf-Minuten-Terrinen bestünde. „Es ist ein Drama, wenn man dann nicht helfen kann, weil mit nur zwei Mitarbeitern einfach keine Zeit da ist“, sagte Selbach. Doch sei dies nur eine Seite der Arbeit: Gerade Kinder aus Problemfamilien würden Gespräche und Zuwendung „aufsaugen“. Und gleichzeitig seien auch Kinder von etwa Ärzten regelmäßig in dem Club zu Gast – gerade diese Mischung sei sehr wichtig für den sozialen Austausch.

Doch, fragte Petke, wie wolle der Sozialarbeiter als Praktiker das Grundproblem der Kinderarmut lösen, dass sich ja nicht nur auf Drewitz beziehe? Selbach sieht den Ansatzpunkt in den Familien, die oft von Arbeitslosigkeit betroffen seien – ihre Verantwortung und Entscheidungsbereitschaft müsse wieder gestärkt werden, sie müssten sich wieder mit dem Stadtteil identifizieren. Dazu seien unkompliziert zu nutzende und billige Angebote nötig – etwa ein Elterncafé. Dem stimmte Petke zu. Der Politiker hofft nun, dass die vielen aktuellen Diskussionen um Drewitz dazu führen, dass gehandelt wird – ähnlich, so Petke, wie es beim Schlaatz vor einigen Jahren bereits gelungen sei. H. Kramer

H. Kramer

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