Landeshauptstadt: Kein Klein-Venedig
Agaphi-Mitglied Architekt Werner Schmidt veröffentlicht Vorschläge zur historischen Mitte
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Zur Bebauung der Potsdamer Mitte in der Umgebung des als Landtagsschloss wieder erstehenden Stadtschlosses hat sich jetzt auch der Lübecker Architekt Werner Schmidt zu Wort gemeldet. In den Auslagen der Buchhandlung „Internationales Buch“ an der Ecke Friedrich-Ebert- und Brandenburger Straße zeigt er dazu seit wenigen Tagen ein Modell.
Darin folgt er wesentlich den vom Verein „Mitteschön“ unterbreiteten Vorschlägen. Sie fordern die Wiederherstellung von Leitbauten und Leitfassaden, so des Palastes Barberini, des Plögerschen Gasthofes, der drei zerstörten der vier Achteckenhäuser und anderer meist nach dem Vorbild italienischer Paläste von Hildebrand, Gontard und Unger errichtete Gebäude wie Am Alten Markt 12 und 17, in der Humboldtstraße 3 und 4, der Friedrich-Ebert-Straße 115 (Alte Post anstelle des DDR-Baus Haus des Reisens) und Schlossstraße 8 (Gasthof Zum Einsiedler).
Schmidt spricht sich für die umstrittene Wiedererrichtung des Palasthotels aus, das um 1900 gebaut worden war und wegen seiner Baumasse von Anfang an in der Kritik stand. In einer Bürgerversammlung zur Bebauung der Alten Fahrt hatte die Bauverwaltung jedoch verdeutlicht, dass ein Wiederaufbau des Palasthotels nicht vorgesehen ist. Dies war auch auf allgemeine Akzeptanz gestoßen. Nach Ansicht Schmidts würde es sich jedoch schlichter und maßstäblicher, wie bereits in den 1930er Jahren vorgeschlagen, in das Bauensemble einfügen, was der Architekt in seinen Skizzen zur Fassadenabwicklung in der Humboldtstraße andeutet. Dass bei der Errichtung der Häuser zwischen den Leitbauten auch modernere, schlichtere Formen möglich sind, bejaht sein Modell. Mit größeren Schaufenstern ausgestattete Läden hatte es schon vor der Zerstörung des Ensembles durch den englischen Bombenangriff vom 14. April 1945 gegeben.
In seinen Entwürfen erteilt Werner Schmidt der Idee eines „Klein-Venedigs“ an der Alten Fahrt eine Absage. Anstelle der früher bis ins Wasser hineinreichenden Bebauung schlägt er einen öffentlich zugänglichen Uferweg vor. Der mit Potsdam eng verbundene Lübecker Architekt, der wegen seiner Arbeiten für die historische Mitte, so ein Modell des Stadtschlosses, vom Innenstadtverein Agaphi mit der Knobelsdorffmedaille geehrt worden war, sieht seinen Vorschlag als „bescheidenen Diskussionsbeitrag“ zur Neubebauung des Areals. Der Agaphi-Vorsitzende Norbert Blumert, selbst Architekt, stellte klar, dass es sich dabei nicht um einen kollektiven Vorschlag des Vereins handele. In der Mitgliedschaft gebe es auch andere Vorstellungen.
Dazu erklärte der Agaphi-Ehrenvorsitzende Hans-Peter Warnecke, der Innenstadtverein habe das jetzt von „Mitteschön“ vorgelegte Konzept in seinen Grundzügen bereits kurz nach der deutschen Wiedervereinigung vertreten. In einem am 14. April 1991 beschlossenen Maßnahmeplan sei die orginalgetreue Wiederherstellung aller Baudenkmale, die für den Potsdamer Barock in diesem Stadtgebiet charakteristisch sind, und ihrer Fassaden geltend gemacht worden. Warnecke sieht in der Diskussion um die Neubebauung der Alten Fahrt und der angrenzenden Wohnquartiere eine späte Bestätigung der Agaphi-Vorschläge, die seinerzeit als unrealistisch verlacht worden seien. So habe der Architekt Günter Vandenhertz in einem PNN-Beitrag am 23. Januar 1991 herablassend von „Warneckes Historismus“ gesprochen. Wie beim Wiederaufbau des Fortunaportals und künftig der Garnisonkirche werde nun erneut die Substanz der Vorschläge des Innenstadtvereins bestätigt. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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