Von Thomas Gantz: Kein weiteres verlorenes Jahr
Der 1. VfL Potsdam geht als klarer Favorit in die neue Saison der Handball-Regionalliga Nordost/Dringender Wunsch nach verstärktem Engagement der Stadt
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Auf dem Spielfeld sind vergleichsweise gut gepolsterte Budgets manchmal nachrangig. Die wichtigste Währung im Handball besteht immer noch aus spielerischem Vermögen, Kampf, Begeisterung und Kilos an menschlichem Körpergewicht. Im Fall des 1. VfL Potsdam, der am kommenden Sonntag mit einem Heimspiel gegen den Aufsteiger HG Norderstedt in die neue Saison der Regionalliga Nordost startet (16 Uhr, Sporthalle Heinrich-Mann-Allee), mag sich dies wie falsche Romantik lesen. Es ist nicht bekannt, ob einer der Liga-Kontrahenten auch nur annähernd mit einem Haushalt in Höhe von 350 000 Euro wirtschaften kann. Klar hingegen ist, dass der Vorjahres-Vizemeister mit einem Spielerpersonal in die neue Saison geht, dessen Qualität ihn fast zwangsläufig zum Topfavoriten auf den Titelgewinn macht.
Je näher der Zeitpunkt des Saisonbeginns zuletzt rückte, desto lockerer gingen die VfL-Verantwortlichen mit dem Thema Aufstieg um. „Die Mannschaft hat über den Sommer sehr gut gearbeitet. Wenn wir von Verletzungen verschont bleiben, haben wir eine sehr gute Chance. Uns muss allerdings klar sein, dass ein Jahr schwerster Arbeit vor uns liegt“, wertete Peter Melzer, der offen genug ist, ein weiteres Jahr als Trainer eines Regionalligisten für sich persönlich als verlorenes Jahr zu benennen.
Melzer hat mit Aufmerksamkeit registriert, dass die für 2010 geplante Fusion der beiden 2. Handball- Bundesligen kein aktuelles Thema mehr ist. Die Sache an sich „schwele zwar noch“, beschäftige ihn derzeit jedoch gar nicht. Ihn sorgt vielmehr, dass sich die Stadt Potsdam nach einem Aufstieg ihrer Handballer weiterhin so reserviert wie bisher verhält. Was den Neubau einer neuen Sporthalle im Luftschiffhafen betrifft, hätten die städtischen Instanzen das gesamte Jahr 2007 ungenutzt verstreichen lassen. Die Ansetzungen der Anfangsphase mit Heimspielen gegen die Aufsteiger Norderstedt und Fortuna Neubrandenburg sowie dem zwischenzeitlichen Auswärtsspiel bei der HSG Hohn /Elsdorf könnte der VfL fast als Geschenk werten, das es mit Konzentration anzunehmen gilt.
Von welchen Vereinen die härteste Gegenwehr zu erwarten ist? Ein Trio aus dem entlegenen Norden Deutschlands hat gewisse Ambitionen. Die HSG Tarp/Wanderup will mittelfristig zurück in die 2. Bundesliga, hat derzeit jedoch nicht das wirtschaftliche Hinterland dafür. Respekt haben die Potsdamer auch vor der SG Flensburg-Handewitt II und dem DHK Flensborg, der jedoch zuletzt von zwei leistungsstarken Torhütern verlassen wurde. Drei in Mecklenburg/Vorpommern beheimatete Vereine sind in ihrer aktuellen Spielstärke schwer einzuschätzen. Für einen Platz in der oberen Tabellenhälfte sind jedoch sowohl der HSV Insel Usedom, als auch der Bad Doberaner SV und der HSV Peenetal Loitz gut. Gleiches gilt für den BFC Preussen, der einziger Vertreter Berlins in der Regionalliga Nordost bleibt und dem in der Vorsaison der Ruf vorauseilte, die Mannschaft zu stellen, deren sportliches Leistungsvermögen im Verlauf einer Saison den größten Schwankungen unterlag. Die Berliner behaupteten sich als Aufsteiger dennoch ohne Mühe, was ihnen der Oranienburger HC als diesjähriger Meister der hiesigen Oberliga gleichtun will.
Eine Saison ohne ernstliche Sorgen strebt auch der SV 63 Brandenburg West an. Welchen Weg der LHC Cottbus nach dem mit dem Zweitliga-Abstieg verbundenen Weggang etlicher Spieler geht, ist völlig unklar. Klar ist nur, dass die Lausitzer zum Saisonabschluss am 2. Mai 2009 nach Potsdam kommen. Den Anreiz, dann feiern zu können, wird der VfL mit in die bevorstehenden Spiele nehmen.
Thomas Gantz
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