Landeshauptstadt: Keine Angst vor Adebar
In Fahrland wurde am Sonnabend der einzige Storchenhorst des Ortes erneuert
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Fahrland - Aufregung herrscht am Sonnabend in Fahrland. Das Storchennest auf dem Schornstein der alten Bäckerei muss abgehoben und der Rauchabzug um einen halben Meter abgetragen werden. Er ist von Rissen durchzogen und neigt sich bedrohlich nach links. Gefahr für die Störche, die noch Ende dieses Monats aus Afrika zurückkommen. Doch es gibt Probleme. Man kann den Storchenhorst wohl nicht wie geplant instand setzen, der Kran hat bei dem Schnee möglicherweise keinen festen Halt. Christoph Thiel, Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr Fahrland, steht unterhalb des Schornsteines und diskutiert mit Wolfgang Ewert vom NABU-Kreisverband „Havelland“ Potsdam e.V. Doch nach zehn Minuten sind sich die beiden einig: „Wir machen das jetzt!“.
Ihr Entschluss steht fest und wird sofort in die Tat umgesetzt, weil es auch um das Image von Fahrland geht: Es ist der einzige Horst im Ort, für den es sogar ein Hinweisschild gibt.
Das ehemalige Bäckereigebäude ist von etwa 1860, versichert Emil-Peter Andreas, der Eigentümer des Gebäudes. Schon 1942 hat ein Schornsteinfeger seinen Vater darauf hingewiesen, dass der Schacht renovierungsbedürftig ist. „Heute ist der Tag X“, freut sich Andreas. Endlich würde mal was passieren.
So rückt die Feuerwehr denn mit einem Rüstwagen aus, fährt aber nur 100 Meter, denn die Wache steht direkt neben dem Storchen-Schornstein. Verstärkung kommt in Form einer Drehleiter der Freiwilligen Feuerwehr Groß-Glienicke, den benötigten Kranwagen schickt die Potsdamer Berufsfeuerwehr. „Wir machen das hier als Übung“, so Thiel, der Fahrländer Feuerwehrchef. „Unsere Männer müssen universal ausgebildet sein. Maurerarbeiten gehören dazu.“ Unterstützung bekommen sie dabei von Bernd Ruppin vom NABU (Naturschutzbund Deutschland), „Storchenhorst-Sanierer“, wie Ewert ihn scherzhaft nennt. Mit einem Helm auf dem Kopf klettert Ruppin in den Korb der Drehleiter. Er trägt die Steine vom Schornstein ab. Nach ein paar Stunden ist die Arbeit getan und der Horst kann wieder befestigt werden.
Auf einer Tour im Herbst letzten Jahres durch das Gebiet des Potsdamer NABU-Kreisverbandes machten sich Manfred Pohl, NABU-Storchenbeauftragter für den Kreis Potsdam-Stadt, und Klaus Freiherr von der Ropp vom NABU-Vorstand ein Bild vom schlechten Zustand des Storchenhorstes. Pohl sei daraufhin im November auf einer Gemeinderatssitzung in Fahrland gewesen und habe sein Anliegen vorgetragen. „Die Feuerwehr hat sich sofort bereit erklärt zu helfen – ehrenamtlich“, freut sich Pohl. Ansonsten hätte man eine Summe im fünfstelligen Bereich investieren müssen.
Auch Andreas ist zufrieden, schließlich lebt der 42-Jährige nun schon seit Anfang der 60er Jahre mit den Störchen zusammen. 1962 nisteten sie zum ersten Mal auf dem seit 1953 stillgelegten Schornstein seines Elternhauses. Von einigen Anwohnern ist er jedoch auf die Vogelgrippe angesprochen worden. Als sie von der geplanten Sanierung des Horstes hörten, sind die Leute zu ihm gekommen und haben gesagt: „Jetzt soll der Horst erneuert werden, wo die Störche doch vielleicht das Virus mitbringen.“
Für Wolfgang Ewert ist das übertriebene Panikmache. „Weltweit ist kein einziger Fall von Vogelgrippe bei Störchen nachweisbar“, erklärt er. Zudem seien ausschließlich Wasser- und Zuchtvögel betroffen. Sobald die Störche zurückgekehrt sind, würden vorsichtshalber Kotproben entnommen. „Ich schätze die Gefahr als sehr gering ein“, so Ewert.
Christian Klusemann
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