
© M. Thomas
Homepage: Keine Angst vor der eigenen Firma Summer School zur Vermarktung an der Uni
Ein ungewohntes Bild am Campus Griebnitzsee: Rund 30 Personen haben im Foyer einen engen Kreis gebildet. Sie stehen Schulter an Schulter.
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Ein ungewohntes Bild am Campus Griebnitzsee: Rund 30 Personen haben im Foyer einen engen Kreis gebildet. Sie stehen Schulter an Schulter. Die Arme nach vorn ausgestreckt, versuchen sie sich mit geschlossenen Augen gegenseitig an den Händen zu fassen. Nach einiger Zeit gelingt das. Loslassen ist erst erlaubt, wenn sich das Knäuel entwirrt hat. Nach vielen akrobatischen Versuchen, Gelächter und Rissen in der Kette, ist die Aufgabe bewältigt. Die Stimmung ist gelöst: Zeit für die Abschlusspräsentation der viertägigen „Summer School“ mit dem Titel „Potsdam Entrepreneurship Experience Lab“.
Jedes der sechs Teams hat fünf Minuten Zeit für seine Abschlusspräsentation. Das zwingt alle dazu, auf den Punkt zu kommen. Den Anfang macht das Team „Dropnostix“. Dem Biochemiker Michael Breitenstein ist es gelungen, komplizierte und raumgreifende Technologie in ein handliches und einfach zu bedienendes Gerät zu verkleinern – eine Art Minilabor für sofortige Blutanalysen. Trotz des griffigen Titels „Bioanalytik meets Elektronik“ konnten viele der Zuhörer zu Beginn des Workshops die Begeisterung des 31-Jährigen für seine „Miniaturisierung von Großgeräten für außerwissenschaftliche Zwecke“ nicht ganz nachvollziehen.
Nun überzeugen die Anwendungsmöglichkeiten. „Das ist unglaublich hilfreich für Notärzte. Bei nicht ansprechbaren Patienten können sie ganz schnell herausfinden, welche Medikamente nötig und verträglich sind“, so eine Zuhörerin. Mithilfe seines interdisziplinären Teams hat Breitenstein sich in die Nutzer und Kunden hineinversetzt. „Hausärzten wird die schnelle Diagnose ohne mehrtägiges Warten auf Laborergebnisse ermöglicht'“, wirbt das Team für das Gerät.
Der Perspektivenwechsel ist typisch für Design Thinking und ein wichtiger Schritt, um neue Technologien besser zu vermarkten. „Wir wollen Absolventen die Angst vor dem Gründen nehmen“, sagt Katharina Hölzle, Professorin für Innovationsmanagement und Entrepreneurship an der Universität Potsdam, und Initiatorin der Summer School. Gemeinsam mit Claudia Nicolai, Programm-Koordinatorin an der School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts (HPI), ermuntert sie Hochschulabsolventen dazu, den Schritt heraus aus dem Elfenbeinturm zu wagen. Die bunte Zusammensetzung der Teams von Betriebswirtschaftslehre über Soziologie, Biochemie, Physik, und Sportmanagement bis zu den Sozialwissenschaften habe die Teilnehmer fasziniert. „Viele haben zum ersten Mal interdisziplinär gearbeitet“, sagt Nicolai.
„Natürlich sollen jetzt nicht alle Hochschulabsolventen Gründer werden“, so Hölzle. Unternehmergeist in ein Unternehmen hineinzutragen, sei ebenfalls ein positiver Effekt. Breitenstein trägt die Idee zur Gründung seit zwei Jahren mit sich herum und fühlt sich jetzt gut vorbereitet. Geschäftsmodelle, Finanzierung und nachhaltiges Wirtschaften standen auf dem Programm wie auch Risiken, Förderungsmöglichkeiten und der Umgang mit dem Scheitern. „Ich habe gelernt, dass ich nicht alles können muss, aber ein innovatives Team brauche, das in der Summe alles kann“, sagt der Biochemiker.
Ein Rollenspiel, bei dem Breitenstein einen Arzt mimte, der für das Gerät begeistert werden sollte, machte ihm klar, worauf es aus dessen Sicht ankommt. Für die Abschlusspräsentation ist daraus ein Cartoon geworden. Mit den nötigen Zahlen für die Markteinführung veranschaulicht das Team die Entwicklung bis zum „Break Even“. Breitenstein: „Die Betriebswirte haben eine von der Technik losgelöste Sichtweise, während ich einen sehr analytisch-technischen Blick hatte.“ Eines ist für ihn sicher. Mit dem Team der Summer School möchte er in Kontakt bleiben. Maren Herbst
Maren Herbst
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