Landeshauptstadt: Keine Chance den bösen Träumen
Der Mädchentreff Zimtzicken bekommt ein größeres Domizil
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Aufgeregt geht es an diesem Nachmittag bei den Zimtzicken zu. Im Mädchentreff an der Havelbucht steht Basteln auf dem Programm. Traumfänger sind es, die die Mädchen unter Leitung von Huyen bauen. Huyen ist Vietnamesin und leitet einige Kurse bei den Zimtzicken. Für den Bastelnachmittag hat sie alles Notwendige besorgt. Reifen, Fäden, Schnüre, Perlen und Federn liegen auf dem großen Tisch verstreut. Die Mädchen sitzen rundherum und nehmen sich, was sie gerade benötigen. Sie erzählen dabei, laufen umher, helfen sich gegenseitig. Aus dem Hintergrund hört man Popmusik. Die Betreuerin Huyen steht derweil am Herd und macht Eierkuchen für die eifrigen Traumfänger-Bastlerinnen.
Traumfänger sind Kultobjekte der alten Indianer. Nach deren Glauben werden sie über dem Bett aufgehängt, um den Schlaf zu verbessern. Während die bösen Träume im Netz hängen bleiben und später von der Morgensonne neutralisiert werden, schlüpfen die guten Träume hindurch. „Jedes Mädchen sollte so einen Traumfänger haben“, findet Huyen. „Wenn die Tage schon voller Stress sind, sollen wenigstens die Nächte ruhig und erholsam sein.“ Einige der Mädchen kommen aus einem sozial schwierigen Umfeld, anderen geht es finanziell gut. Eins aber eint sie: Sie sind in einem schwierigen Alter. Bei den Zimtzicken finden sie Geborgenheit und treffen Gleichaltrige, mit denen sie sich austauschen können.
Doch nicht immer genügt ein Plausch unter Freundinnen. Bei ernsthaften Problemen stehen Wiebke Matthesius-Handorf und Vera Spatz vom Autonomen Frauenzentrum den Mädchen zur Seite. „Das wird häufig in Anspruch genommen“, berichtet Wiebke Matthesius-Handorf. Seit sieben Jahren arbeitet die gebürtige Rüganerin bei dem Mädchentreff und kennt die Sorgen ihrer Schützlinge genau: „Oft geht es um Schule, die Eltern oder den ersten Freund. Probleme gibt es eigentlich immer. Wir sprechen darüber und zeigen Wege aus der Krise.“ Ob der Traumfänger auch dabei helfen kann? „Wer weiß“, sagt sie und lacht.
Zwischen zehn und fünfzehn Mädchen finden jeden Nachmittag den Weg zu den Zimtzicken. Manchmal sind es sogar mehr, dann wird es aber eng im Raum. Auch Nadja bastelt sich einen Traumfänger. Mit ihren 18 Jahren ist sie die älteste Teilnehmerin des Kurses. Warum sie gerne herkommt, weiß sie genau: „Man wird hier mit einer Umarmung begrüßt“, sagt sie. „Das macht den Unterschied zu anderen Treffs.“ Diesen Unterschied pflegen die Sozialpädagoginnen. Mit ihren Angeboten konnten sie in diesem Jahr wieder die Augen vieler Mädchen leuchten lassen. „Besonders gut kommen die Ausflüge an“, berichtet Wiebke Matthesius-Handorf. Die Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam hat mit einer Spende dazu beigetragen, dass niemand aus finanziellen Gründen zu Hause bleiben musste. Petra Hörnlein, Leiterin der Geschäftsstelle der MBS am Luisenplatz: „Mädchen brauchen manchmal jemanden, mit dem sie sich aussprechen können. Da ist dann so ein Treff mit qualifizierten Mitarbeitern wichtig. Auch wenn es um die Integration von Ausländerinnen geht.“ Wenn die Mädchen mit ihren Traumfängern fertig sind, erzählen sie sich gegenseitig, welche Träume hindurch dürfen und welche nicht. Auch die Betreuerinnen haben einen Traum. Sie möchten so schnell wie möglich mit dem Mädchentreff umziehen. Ein Haus im Zentrum Ost ist schon gefunden, eine ehemalige Kita wird dafür gerade umgebaut und saniert. Dann haben die Mädchen endlich mehr Platz und müssen nicht mehr in einem Raum zur gleichen Zeit basteln, Musik hören, Eierkuchen essen und Hausaufgaben erledigen. bou
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