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Aus dem GERICHTSSAAL: Keine Erinnerung an Gewaltexzess?

Prozess im Amtsgericht: Alkoholiker soll Freundin schwer misshandelt haben

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Seit dem 23. Januar sitzt Karsten F. (alle Namen geändert) in Untersuchungshaft. An diesem Tag soll er seine Freundin Gabriele B. in die Badewanne geschubst und auf sie uriniert haben. Er soll ihre Kleidung angezündet haben, sodass die Frau schwere Brandverletzungen erlitt. Und er soll 13 glühende Zigaretten auf ihrem Bauch ausgedrückt haben. Doch an all das konnte oder wollte sich der 49-jährige am Dienstag nicht erinnern, als er sich in einem Saal des Potsdamer Amtsgerichts wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung verantworten musste.

Die Liste der Vorwürfe gegen den Angeklagten, die Staatsanwalt Peter Petersen zu Beginn der Verhandlung vorlas, war lang. Zwischen dem 2. Dezember 2011 und dem 23. Januar 2012 soll Karsten F. die gleichaltrige Gabriele B. in sieben Fällen misshandelt und beschimpft haben, meist in ihrer Wohnung in der Günther-Simon-Straße in Drewitz. So habe der Mann den Kopf seiner Freundin mehrfach gegen die Wand geschlagen, warf Petersen ihm vor. In allen Fällen sei von einer möglicherweise verminderten Schuldfähigkeit des Anklagten auszugehen – seit 2005 ist der Arbeitslose wieder einer bereits besiegt geglaubten Alkoholsucht verfallen. Als Polizisten den Mann am 23. Januar gegen Mittag in der Günther-Simon-Straße festnahmen, hatte er drei Promille im Blut.

Was genau an dem Tag passierte, blieb am Dienstag unklar. Der an den Armen stark tätowierte Mann mit ergrautem Vokuhila-Haarschnitt und Oberlippenbart sagte mehrfach, er könne sich an nichts erinnern. „Ich habe einen totalen Blackout“. Womöglich liege das an der Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten, die sich mit dem Alkohol nicht vertragen hätten. Er sei am 23. Januar in der Küche der Wohnung von Gabriele B. wach geworden. Die letzte Erinnerung sei, dass B. morgens noch Schnaps und Zigaretten gekauft und sie beide ab neun Uhr getrunken hätten. Wegen der gefundenen DNA-Spuren und weiteren Beweisen zweifle er aber nicht an seiner Schuld, sagte Karsten F.: „Ich bereue meine Tat zutiefst.“ Er schäme sich dafür.

Staatsanwalt Petersen glaubte Karsten F. nicht. Von einem derart langen „Blackout“ habe er noch nicht gehört. Und auch Richterin Birgit von Bülow reagierte ungläubig. „Sie haben ihr die Schamhaare angezündet! Was hat sie da geritten?“, fragte sie den Angeklagten und zeigte ihm Fotos von Gabriele B.s Verletzungen. Doch Karsten F. beteuerte: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Die anderen ihm zur Last gelegten Gewalttätigkeiten bestritt der Mann. Nur einmal habe er seine Freundin im Streit „geschüttelt“. Am 8. August sollen nun erste Zeugen vernommen werden. HK

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