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Landeshauptstadt: Keine organisierte rechte Szene in Potsdam

Potsdamer Beirat zur Umsetzung des Lokalen Aktionsplanes für Toleranz und Demokratie stellte Rechenschaftsbericht 2006 vor

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Von einer organisierten rechten Szene kann in Potsdam nicht mehr geredet werden. Das erklärte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern bei einer Pressekonferenz. Zwar gebe es Bemühungen rechter Organisationen und Gruppierungen aus dem Umland und Berlin in Potsdam Fuß zu fassen. Doch seien bis auf wenige Versuche kaum Aktivitäten zu spüren. Trotzdem wolle der Potsdamer Beirat zur Umsetzung des Lokalen Aktionsplanes für Toleranz und Demokratie weiterhin sehr aufmerksam rechte Entwicklungen in der Stadt beobachten, so Jakobs bei der Vorstellung des Rechenschaftsberichts für 2006. „Auch wenn wir keine Hinweise mehr auf eine organisierte Szene haben, heißt es nicht, dass es in Potsdam keine Rechten gibt“, sagte Jakobs.

Positiv bewertete Jakobs die Arbeit des im Oktober 2002 gegründeten Beirats, der in diesem Jahr zum ersten Mal einen Rechenschaftsbericht in der Öffentlichkeit vorstellte. So sei es gelungen, die Situation am Hauptbahnhof in den Griff zu bekommen. Seit dem Umbau hatte sich der Hauptbahnhof zum „wohl wichtigsten Treffpunkt rechter Jugendcliquen“ entwickelt, wie es in dem Rechenschaftsbericht heißt. Im Sommer 2005 sollen aus einer Gaststätte in den Bahnhofspassagen heraus Beobachtungen organisierter Neonazis aus Berlin und Potsdam stattgefunden haben. Regelmäßig sei es in den vergangenen zwei Jahren zu Übergriffen auf nicht-rechte Jugendliche gekommen, heißt es weiter in dem Papier. Nach Gesprächen mit Polizei, Bundespolizei, dem Wachschutz und Centermanagement habe sich die Situation entspannt. „Im Hauptbahnhof gibt es keinen Treffpunkt rechter Jugendlicher mehr“, sagte Jakobs.

Alle drei Monate kommt der Potsdamer Beirat zur Umsetzung des Lokalen Aktionsplanes für Toleranz und Demokratie zusammen, um sich aktuelle Entwicklungen und Projekte auszutauschen. So sind auf Initiative des Beirates im vergangenen Jahr zahlreiche Projekte wie die Plakataktion „Alltagsrassismus“, die Aktion „Potsdam bekennt Farbe“ und das Projekt „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ angestoßen worden. Den Titel „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ trage seit einem Jahr die Voltaire-Gesamtschule als erste Potsdamer Schule. Zwei weitere haben sich um den Titel beworben, so Jakobs.

Seit seiner Gründung hat sich der Beirat zu einem guten Instrument entwickelt, um schnell auch vor allem mit linken Jugendlichen Kontakt aufnehmen zu können. „Wenn ich als Oberbürgermeister sage, ich nehme ihre Problem ernst, winken die nur ab“, sagte Jakobs. Da einige Mitglieder im Beirat mit der Szene verbunden sind, sei hier die Möglichkeit ins Gespräch zu kommen wahrscheinlicher. In Zukunft will der Beirat, der sich in der europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus engagiert, sich nicht nur mit rechter Jugendgewalt in Potsdam auseinandersetzen. Verstärkt sollen hierbei die Ortsteile einbezogen werden, wo es vor allem in Fahrland und Groß Glienicke „sensible Punkte“ gibt, so Jakobs. Zu einem Treffen des Beirats sind die Ortsbürgermeister eingeladen.

Dass es dem Beirat gelungen sei, nach dem Überfall auf den Deutsch-Afrikaner Ermyas M. im vergangenen Jahr die Bevölkerung zu einer großen Solidaritätskundgebung mobilisiert, sei ein wichtiges Signal gewesen. Auch wenn der Prozess gegen die beiden Angeklagten mangels Beweisen mit Freisprüchen endete, würde Jakobs heute genauso handeln. „Kurz nach dem Überfall deutete alles auf eine rechtsextreme Tat hin.“ Zu dem damaligen Zeitpunkt war die Solidaritätskundgebung das einzig richtig Mittel um Farbe zu bekennen, so Jakobs.

Dirk Becker

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