Sport: Keine Püppchen
Turbine Potsdam trotzte gestern daheim dem Favoriten FFC Frankfurt ein 1:1 ab
Stand:
Die Witterungsbedingungen waren schlecht – trotzdem kamen gestern Mittag 1102 zahlende Zuschauer beim Frauenfußball-Bundesliga-Spitzenspiel Turbine Potsdam – FFC Frankfurt voll auf ihre Kosten. Sie sahen beim 1:1 (0:0) auf schneebedecktem Boden ein abwechslungsreiches Duell, in dem Turbine dem Titelverteidiger den ersten Punktverlust der Saison beibrachte. „Wir hatten heute sogar die Chance, Frankfurt zu schlagen“, meinte nach dem Abpfiff Mannschaftskapitän Jennifer Zietz, die Potsdam in Führung schoss (84.), ehe Kerstin Garefrekes noch ausglich (86.).
Die Gastgeberinnen mit einem Altersdurchschnitt von 19,4 Jahren – bei denen Zietz mit 24 Jahren schon die Älteste war – boten Frankfurt erfolgreich Paroli. Sie gefielen dabei mit großer physischer Präsenz, fanden über den Kampf immer besser ins Spiel und hatten sogar mehr nennenswerte Chancen als der Favorit. Die erste bot sich Anja Mittag, die aus Nahdistanz an Torfrau Silke Rottenberg scheiterte (8.), die zweite der Ex-Potsdamerin Conny Pohlers, die zweimal den Pfosten traf (17.), die dritte hochkarätige der ersten Halbzeit erneut Mittag bei ihrem Schuss an die Lattenunterkante (33.).
Nach dem Seitenwechsel gewann Turbine mehr und mehr die Oberhand, zeigte Frankfurts Hintermannschaft in einer Schneeschlacht immer wieder Unsicherheiten. Zunächst verzog Zietz aus Nahdistanz (47.), dann rettete Rottenberg zweimal gegen die gestern sehr agile Anja Mittag (58., 79.), ehe es doch im Gäste-Kasten klingelte: Rottenberg ließ einen Schuss Mittags prallen, das Leder kam in die Mitte zu Zietz, und die traf mit trockenem Flachschuss in die linke Ecke. „Bei meiner ersten Chance gleich nach der Pause habe ich noch zu viel nachgedacht, beim zweitenmal dann einfach raufgehauen – und getroffen“, erzählte die Torschützin. „Sehr ärgerlich, dass Frankfurt danach doch noch das 1:1 machte “ Birgit Prinz, die Mitte der zweiten Halbzeit abgetaucht schien, sorgte links noch einmal für viel Wirbel, bediente die Ex-Potsdamerin Petra Wimbersky, und deren Eingabe köpfte Garefrekes in den langen rechten Winkel. U19-Nationaltorfrau Desiree Schumann, die erneut WM-Torhüterin Nadine Angerer (Lungenentzündung) vertrat und zuvor aus Nahdistanz gegen Garefrekes geklärt hatte (69.), war dabei ohne Chance.
„Es ist schon komisch, plötzlich im Rampenlicht zu stehen, wenn man zuvor immer auf der Reservebank saß. Aber aufgeregt war ich nur bis zum Anpfiff des Spiels“, gestand die 17-jährige Schumann, der ihr Trainer eine große Zukunft prophezeite. „Sie hat sehr gut gestanden und ist auf bestem Weg“, meinte Bernd Schröder, der sich nach der Partie noch einen verbalen Schlagabtausch mit Frankfurts Coach Dr. Hans-Jürgen Tritschoks lieferte. „Das hatte für mich heute nicht viel mit Fußball zu tun“, kritisierte Tritschoks das durch Schneematsch schwierige Geläuf des Karl-Liebknecht-Stadions, in dem zahlreiche Fans kurz vorm Anpfiff noch das Weiß zumindest aus den Strafräumen geschoben hatten. „Der Frauenfußball hat heute eine große Chance vertan, zwei gute Mannschaften im Fernsehen zu präsentieren.“ Diese Ansicht brachte Schröder auf die Palme. „Wir dürfen den Frauenfußball nicht in Watte packen, sondern müssen auch mit solchen Verhältnissen klar kommen“, erklärte der Potsdamer. „Wir wollen doch keine Püppchen, sondern Fußballerinnen, die auch mal auf den Hintern fallen.“ Letztlich aber räumten beide Trainer ein, mit dem jeweils einen Punkt zufrieden zu sein.
Potsdam: Schumann; Schlanke, Peter, Kameraj, Draws; Marxkord; Schiewe, Zietz, I. Kerschowski; Wich (84. Sainio), Mittag.
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