Aus dem GERICHTSSAAL: Keine Reise – viel Ärger
Der Angeklagte bestreitet „Ostschlampe“ gesagt zu haben
Stand:
Die Kaffeefahrt, auf der Otto O.* die Überraschungsreise für sich und seine Frau buchte, war ja noch in Ordnung. Doch als das Ehepaar aus dem Brandenburgischen die 60 Euro für den preiswerten Schlesientrip bei dem Reiseveranstalter aus dem Alt-Bundesgebiet bezahlt hatte, begann der Ärger. Erst dachte sich Ottilie O.* (56) nichts Böses, als noch je 20 Euro Sitzplatzgarantie für sie und ihren Gatten dazu kamen. Doch dann hieß es plötzlich: Schlesien ist nicht, jedenfalls nicht in der vorgesehenen Zeit. Statt dessen bot das kleine Reise-Unternehmen den Rand-Potsdamern ab dem 18. Mai 2006 eine Vier-Tage-Busfahrt durch das Riesengebirge an. „Da waren wir zwar kurz vorher schon. Aber dann haben wir uns gedacht: Ehe wir das Geld einbüßen, fahren wir eben noch mal ins Riesengebirge. Da ist es ja auch schön“ , so die Angestellte. Zwei Tage vor der geplanten Tour erreichte das Ehepaar O. die Nachricht: Die Reise muss verschoben werden, da das Hotel überbucht ist. Ein neuer Termin, der vom Geschäftsführer der Agentur vorgeschlagen wurde, passte Ottilie O. nicht. Die wollte nun ihr Geld zurück, auch wenn es lediglich 100 Euro waren. Das Reiseunternehmen war allerdings der Meinung, das Ehepaar O. habe die ihm angebotene Fahrt abgesagt. In einem solchen Fall würden bereits verauslagte Kosten nicht zurückerstattet.
Jetzt trafen sich die um ihr Vergnügen geprellte Frau und Stefan S.* (37), der einstige Reiseveranstalter, vor Gericht wieder. Ottilie O. zeigte den Mann wegen Betruges und Beleidigung an. „Er hat mich am 21. Dezember 2006 in einem Telefongespräch geduzt und Ostschlampe genannt“, empört sie sich im Zeugenstand.
Stefan S. – inzwischen beschäftigungslos – bestreitet dies, sieht sich durch den Betrugsvorwurf in Misskredit gebracht. Er sei damals für einen Subunternehmer tätig gewesen. An ihn sei auch das Geld geflossen, beteuert der gelernte Reisekaufmann. Er habe versucht, dies Ottilie O. begreiflich zu machen. Doch sie sei sehr erregt gewesen. „Da habe ich den Hörer aufgelegt. Das war mir zu blöde“, räumt der Angeklagte ein.
„Eine Beleidigung entfaltet sich mitunter im Dialog“, gibt Amtsrichter Thomas Lange zu bedenken. Der Verteidiger wirft ein: „Das Ehepaar O. hatte überhaupt keinen vertraglichen Anspruch auf das Geld. Und wenn Frau O. meinen Mandanten als Betrüger bezeichnet, ist das auch eine Beleidigung.“ Der Vorsitzende regt – leicht genervt – an, das Verfahren gegen eine Geldbuße einzustellen. Der Angeklagte stimmt nach Beratung mit seinem Anwalt zu. So gehen 100 Euro an Ottilie O. zur Wiedergutmachung des Schadens, 50 Euro an das SOS-Kinderdorf (*Namen geändert). Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: