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Haben keine Lust auf Ruhestand: Mediatoren Dürr, Weiß und Wolff.

© Ariane Lemme

Landeshauptstadt: Keine Schule ohne Streit

Senioren übernehmen Schlichtungs-Aufgaben

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Teltow - Empathie, sagt Rudolf Dürr, habe er erst im Rentenalter gelernt. „Unter Naturwissenschaftlern werden Gefühle ja immer noch oft als Schwäche angesehen“, erzählt der Physiker. Wie wichtig sie jedoch sind, um mit anderen Menschen gut interagieren zu können, sei ihm erst durch seine Ausbildung zum Mediator klar geworden.

Wenn er heute zweimal wöchentlich als Mediator Schüler der Teltower Ernst-von-Stubenrauch-Grundschule bei Konflikten mit Mitschülern, Lehrern und Eltern berät, sei Einfühlungsvermögen alles: „Erst kürzlich kamen zwei Mädchen zu mir, die lange beste Freundinnen gewesen waren, plötzlich aber nicht mehr miteinander auskamen, scheinbar grundlos“, berichtet Dürr.

Erst durch lange Gespräche habe sich herausgestellt, dass ihre unterschiedlich rasche Entwicklung das Problem war. Während eine der beiden noch mit Puppen spielte, hatte die andere angefangen, sich für Jungs zu interessieren – und jede fühlte sich von der anderen missverstanden. Noch heute ist Dürr sichtlich froh, dass er den Konflikt lösen konnte.

Gleich nach dem Ende seiner Arbeitszeit sei ihm klar gewesen: Das kann noch nicht alles gewesen sein. „Ich wollte etwas tun, dass mir Spaß macht und anderen nützt“, so der Teltower. Im Bürgerbüro der Stadt konnte man Dürr bei seinem Anliegen nicht weiterhelfen, verwies ihn aber an die Akademie 2. Lebenshälfte. Von dort sei es nur noch ein kurzer Weg zum Verein Senior Partners in School (SIS) in Potsdam gewesen, der seit mittlerweile sieben Jahren Senioren zu Schul-Mediatoren ausbildet und an Schulen in ganz Brandenburg vermittelt. „Derzeit sind 58 Senioren in 26 Schulen im Einsatz, neben Teltow auch in Kleinmachnow, Potsdam und Ruhlsdorf“, sagt SIS-Sprecherin Ulrike Canter.

Dürr hat den Kurs vor drei Jahren belegt, seit nunmehr zwei Jahren bildet er zusammen mit Renate Weiß und Walter Wolff das Mediatorenteam an der Stubenrauch-Grundschule. Dass sie dort an drei Tagen die Woche von 8 bis 14 Uhr für die Schüler zur Verfügung stehen, liegt nicht daran, dass die Kinder hier besonders problembehaftet sind. Konflikte und Streit gebe es an jeder Schule, beides gehöre zum Erwachsenwerden dazu, so Dürr. Auch Schlägereien auf dem Schulhof verbieten die drei nicht, bestehen aber darauf, dass die Schüler selbst einen Schiedsrichter aus ihren Reihen wählen. Das helfe dabei, dass solche körperlichen Auseinandersetzungen nicht in Gewaltausbrüchen enden, sagt Wolff.

In aller Regel aber kämen die Kinder zu ihnen, weil sie sich von anderen ausgegrenzt fühlen. Weiß versucht dann zusammen mit dem Kind herauszufinden, was sich konkret dagegen tun lässt. Viele Kinder müssten erst einmal herausfinden, welche Freundschaften ihnen gut tun, erklärt Weiß. Allerdings gebe sie keine Lösungen vor, die Kinder sollen selbst darauf kommen. Durch Rollenspiele oder Zeichnen lässt sie die Schüler ihre eigene Wahrnehmung reflektieren. Am Ende steht dann im Idealfall die Erkenntnis: „Ich entscheide, wer mich beleidigt“, lacht Wolff. Es gebe aber auch Fälle, an die die drei nicht ran kämen. „Kinder mit ernsten Schwierigkeiten verweisen wir an die Sozialarbeiter der Schule.“

Die Kooperation mit den Lehrern funktioniere hier in Teltow wunderbar sagt Weiß. Wenn der Bedarf da ist, kann ein Kind auch ruhig einmal die ganze Mathestunde über bei uns verbringen. Nicht zuletzt profitieren auch Wolff, Weiß und Dürr von ihrem ehrenamtlichen Engagement: „Ich freue mich richtig, dass die Herbstferien um sind, und wir weitermachen können“, sagt Wolff. alm

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