Landeshauptstadt: Keine Straße für Schill
Kulturausschuss lehnt ab / Agaphi nicht informiert
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Nach Ferdinand von Schill wird in Potsdam keine Straße benannt. Noch immer wartet der Potsdam-Verein Agaphi auf eine Antwort auf seinen am 17. Januar 2008 eingebrachten Vorschlag, Straßen nach führenden Persönlichkeiten der antinapoleonischen Befreiungskriege zu benennen. Doch die Entscheidung ist längst gefallen. Bereits im April des vergangenen Jahres lehnte der seinerzeit von dem CDU-Politiker Eberhard Kapuste geleitete Kulturausschuss der Stadtverordnetenversammlung den Vorschlag in Bausch und Bogen ab.
Davon erfuhr Agaphi erst durch die Ergebnisse von PNN-Recherchen. „Unser Verein ist vom Kulturausschuss nicht, wie man erwarten dürfte, in die Erörterung des Vorschlags einbezogen worden“, so der Ehrenvorsitzende Hans-Peter Warnecke. Für eine Schillstraße oder ein Fest zu Ehren des Majors, der vor 200 Jahren mit seinem 2. Brandenburgischen Husaren-Regiment den Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft eröffnete, bestehen kaum noch Aussichten, denn das Jubiläumsdatum ist bereits der 28. April. Die Bemühungen, andere Persönlichkeiten der Befreiungskriege 1813/14 in den Pool zur Neu- und Umbenennung von Straßen einzubringen, will Agaphi jedoch fortsetzen.
Das negative Votum des Kulturausschusses war seinerzeit von Klaus Arlt mitgetragen worden. Der beste Kenner der Potsdamer Straßennamen und ihrer Geschichte hatte in der Sitzung darauf verwiesen, dass Schill mit seinem Trupp nach dem Aufbruch von der Geltower Baumgartenbrücke aus zwar Potsdam passiert habe, dies reiche aber für einen Straßennamen nicht aus. Warnecke hält dagegen, Schills Verbindung zu Potsdam sei wesentlich deutlicher gewesen als das anderer, beispielsweise in den letzten Jahren im Bornstedter Feld, durch Straßennamen gewürdigter Persönlichkeiten. Folge man Arlts Kriterium, wäre rund die Hälfte der in Potsdam nach Personen benannten Straßen künftig namenlos.
Klaus Arlt hatte im Kulturausschuss außerdem erklärt, in Potsdam erinnerten bereits sechs Straßennamen an Beteiligte der Befreiungskriege, das reiche aus. Auch diese Auslegung ruhe auf tönernen Füßen, meint Agaphi. In der DDR-Zeit wurde gegen erhebliche Bedenken aus der SED 1962 ein Teil der Straße Am Kanal in Yorckstraße umbenannt, nach der Wende kam im Kirchsteigfeld 1994 die Eleonore-Prochaska-Straße hinzu, wofür sich Agaphi eingesetzt hatte. Rückbenannt wurde 1993 die Großbeerenstraße, mit der allerdings kaum jemand die Erinnerung an das an diesem Ort geführte Gefecht der Befreiungskriege verbindet. Die Anhaltstraße, die wohl eher die Leistungen Heinrich Wilhelms von Anhalt bei der 1764 - 67 erfolgten Erweiterung der Webersiedlung Nowawes würdige, könne man diesem Bereich ebenso wenig zurechnen wie die Heinrich-von- Kleist-Straße, die seit 1950 nicht mehr den General der Befreiungskriege Graf Kleist von Nollendorf gewidmet ist, sondern den großen deutschen Dichter. Außerdem gibt es die auf die Gründer der Turnbewegung hinweisende Jahn- und die Friesenstraße sowie den an den Dichter erinnernden Körnerweg. Alle drei dienten während der Befreiungskriege im Lützowschen Freikorps.
Ungewürdigt blieben jedoch die führenden Persönlichkeiten der preußischen Reformen und der Befreiungskriege wie Freiherr vom und zum Stein, Hardenberg, Scharnhorst, Gneisenau Lützow, oder Bülow, erklärte der Agaphi-Ehrenvorsitzende. All diese Straßennamen gab es bis 1945/46 bereits einmal. Sie seien nach dem Krieg in einem Akt falsch verstandener „Entmilitarisierung“ getilgt worden. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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