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Landeshauptstadt: Keine Torschlusspanik

Mehrwertsteuererhöhung ab Januar 2007: Potsdamer Händler fürchten Umsatzrückgang

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Der Countdown läuft: Knapp drei Monate sind es noch bis zur neuen Mehrwertsteuer. Ab Januar 2007 steigt sie von derzeit 16 auf 19 Prozent. Dann werden nicht nur kommunale Dienstleistungen wie die Müllabfuhr und die Straßenreinigung teurer, sondern auch Autos, Kühlschränke und Fernseher, neue Häuser und Reisen.

Mario Berger vom gleichnamigen Autohaus macht daher derzeit eine ganz besondere Erfahrung: Die Kundschaft denke laut über den Kauf von neuen Wagen vor Jahresfrist nach. Momentan habe er zehn Kaufinteressenten auf einmal – dabei verkaufe er sonst nur 20 bis 30 Autos im ganzen Jahr. Den plötzlichen Boom erklärt er sich mit dem Preisanstieg durch die Steuererhöhung: 200 bis 500 Euro teurer könnten die Autos ab Januar werden, so der Juniorchef. „Überwiegend ältere Leute sind wegen der Teuerungen besorgt“, meint Martina Stahlberg vom Autohaus Edel. Dennoch verkaufe sie derzeit nicht mehr Autos als üblich. „Der große Kaufrausch ist noch nicht da“, glaubt auch Autohändler Volker Brehm. Das Kundeninteresse halte sich bisher in Grenzen. Das könnte sich aber zum Ende des Jahres ändern, meint Brehm. Denn dann kommen auch die neuen Preislisten vom Hersteller. Bis dahin herrscht über die tatsächlichen Preise ab Januar Rätselraten. Einige der Händler befürchten, dass die Neuwagen sogar mehr als die drei Prozentpunkte teurer werden könnten. Es werde nämlich nicht einfach das komplette Auto teurer, sondern auch jeweils die einzelnen Teile, so die Erklärung. Uwe Neugebauer vom Autohaus Peugeot hingegen glaubt, dass es auch im neuen Jahr Aktionen und Preisnachlässe geben wird, die Autos also gar nicht unbedingt teurer werden.

Die Nachfrage nach neuen Fernsehgeräten sei gestiegen, findet Dirk Gäbler von Fernseh Gäbler. Besonders zum Weihnachtsgeschäft ab Oktober erwartet der Einzelhändler zehn bis 20 Prozent mehr Umsatz als in anderen Jahren. Auf die Mehrwertsteuererhöhung reagierten die Kunden mit vorgezogenen Käufen, so seine Beobachtung. Das sieht Unterhaltungselektronikhändler Horst Girnt allerdings ganz anders: „Die Kunden kaufen, wenn die alten Geräte kaputt sind“, sagt er. Größeres Interesse könne er nicht feststellen. Das Gleiche scheint für Waschmaschinen und Kühlschränke zuzutreffen: So merken Hartmut Milewski und Jürgen Kuhberg, beide führen Haushaltsgerätegeschäfte, nach eigenen Angaben nichts von einem Boom.

Und wie sieht es in den Baumärkten aus? „Wir können nicht feststellen, dass die Kunden mehr kaufen als sonst“, sagt Martin Merchel vom Baumarkt Hellweg. Die Umsätze seien gleich geblieben, sagt auch Hiotr Press vom Toom Baumarkt. Er macht sich allerdings schon auf Kundenbeschwerden gefasst: Denn er rechnet mit größeren Preiserhöhungen, „genauso wie damals nach der Euro-Umstellung“.

Weil ab dem nächsten Jahr nicht nur selber bauen teurer wird, sondern auch das „Bauenlassen“, können sich die Handwerker der Landeshauptstadt momentan über viele Aufträge freuen, so Ute Maciejok von der Handwerkskammer (HWK). Sie geht davon aus, das gerade private und gewerbliche Kunden „einiges wegen der Steuererhöhung vorziehen“. Im Bauunternehmen Roland Schulze spüre man davon aber nichts, so eine Sprecherin. Die Auftragslage sei wie immer. Ähnlich sieht es Claudia Bulwahn von der Hoch- und Tiefbaufirma Schumacher und Söhne aus Babelsberg. Sie befürchtet, dass die Auftragszahlen eher zurück gehen. Die höheren Preise könnten Kunden ab 2007 zunächst abschrecken.

Auch das Reisen kostet dann voraussichtlich mehr – „aber nur innerhalb Deutschlands“, erklärt Reisebüro-Inhaberin Gabriele Riek. Die Pauschalreise nach Mallorca wird also nicht teurer. „Falls die Veranstalter die Steuererhöhung nicht für verdeckte Preiserhöhungen nutzen“, schränkt sie ein. Mit einer jährlichen Preissteigerung von drei bis fünf Prozent müsse man sowieso rechnen. Die Buchungslage bei ihr sei momentan „wider Erwarten sehr gut“. Die Buchungen im August hätten „über dem Trend der letzte Jahre“ gelegen, die Herbstferien waren vier Wochen vorher „fast ausgebucht“.

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