Landeshauptstadt: Keine Zeit für Ruhepausen
Die Oberlinklinik Babelsberg, das Spezialkrankenhaus für Orthopädie, hat sich auf die Behandlung von Leistungssportlern spezialisiert. Dazu gehören eine 24-Stunden-Bereitschaft und moderne OP-Technik
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No Sports – kein Sport – lautete Winston Churchills kurze Formel für ein gesundes langes Leben. Der britische Premier wurde 90 Jahre alt. In der Tat scheint der menschliche Körper für starke und oftmals einseitige Belastungen nicht gemacht. Leistung hat ihre physischen Grenzen. Genau diese aber werden von Sportlern ausgereizt. Eine Herausforderung auch für die Medizin. Die Oberlinklinik in Babelsberg hat sich mit ihrer Fachabteilung Extremitätenchirurgie / Allgemeine Orthopädie auf die Anforderungen des Leistungssports eingestellt.
Der Sportmediziner müsse hohe Einsatzbereitschaft, ständige Erreichbarkeit sowie Verständnis mitbringen, fasst der Facharzt für Orthopädie- und Unfallchirurgie sowie Chefarzt der Fachabteilung, Dr. Robert Krause, zusammen. Bei akuter Verletzung oder auch Verschleißerscheinungen will der Leistungssportler einen Arzt, der sofort reagiert und ihn möglichst schnell wieder fit macht, so Krause. Dabei sei es für einen Sportmediziner hilfreich, selbst aktiv Sport zu treiben oder getrieben zu haben, ergänzt der leitende Oberarzt und ehemalige Leistungsschwimmer, Dr. Thorsten Schuhr.
Spitzensportler haben keine Zeit für langwierige Genesungsprozesse. Eine Ruhepause werfe einen Sportler im Training in seiner Kondition erheblich zurück, erklärt Schuhr. Schließlich gehe es um die sportliche Karriere, ums Weiterkommen. Bei allem Verständnis dafür wandere der medizinische Betreuer eines Leistungssportlers immer auch auf einem Grat, so Chefarzt Krause. „Wer einen Menschen fitspritzt, damit er trotz akuter Beschwerden den Wettkampf übersteht, muss immer auch abwägen, ob das medizinisch noch vertretbar ist“, sagt Krause.
Die Sportorthopädie im Oberlinhaus hat sich dieser sehr sensiblen Klientel angenommen. Etwa 600 Leistungssportler zählt Potsdam, sagt Oberarzt Schuhr. Die orthopädische Spezialklinik in Babelsberg betreut bisher in orthopädischen Fragen Fußballer von Turbine Potsdam und Babelsberg 03 sowie die Handballer vom VFL und die Nationalkader der Triathleten vom Olympiastützpunkt. Die Sportler bräuchten intensive und kontinuierliche medizinische Betreuung. Viele auch Potsdamer Leistungssportler hätten ihre Stammärzte in der Bundeshauptstadt oder sogar verstreut in der Bundesrepublik. Deshalb wollen jetzt die Fachärzte der Oberlinklinik mit in Potsdam niedergelassenen Kollegen und dem Institut für Sportmedizin und Prävention der Universität Potsdam ein Netzwerk „und damit ein Gegengewicht zu Berlin“ bilden, kündigt der Oberarzt an. Bisher existiert nur ein „loser Zirkel“, der zu einem Verbund konstituiert werden soll, so dass die Sportler bei Schnupfen, Herzhochdruck oder Kreuzbandriss aus quasi einer Hand betreut werden.
Schon jetzt hat sich die Oberlinklinik für das Klientel der Leistungssportler gerüstet. Das beginnt bei der 24-stündigen Erreichbarkeit – mit einem Telefon, dass rund um die Uhr und vor allem am Wochenende, wenn Wettkämpfe und Spiele sind, besetzt ist. Auch die Einsatzpläne des medizinischen Fachpersonals decken einen solchen Notdienst ab. Außerdem verfügt die Orthopädie im Oberlinhaus über ein großes Lager mit Tapeverbänden, Schienen und Stützen für die Erstversorgung, zählt Oberarzt Schuhr auf. Der Gipsverband werde in der Sportorthopädie nicht mehr eingesetzt. Ist eine Extremität zu lange ruhig gestellt, käme es schnell zu Muskelschwund – für einen Sportler eine Katastrophe. Deshalb brauche man eine Fixationstechnik, die komfortabel ist und leichtes Training ermöglicht und abnehmbar ist. „So dass auch ein frisch Operierter noch am gleichen Tag oder spätestens tags darauf wieder mobilisiert werden kann“, sagt Schuhr.
Auch in modernste Technik hat die Fachklinik, die im kommenden Jahr eigenständige Gesellschaft wird, stark investiert. So verfügt die Klinik zum Beispiel über drei Operationstische, Stückpreis ohne jede Technik 80 000 Euro, die die optimale Lagerung des Patienten während der OP ermöglicht. Zum Beispiel wird der Patient bei einer Schulteroperation in eine so genannte „Strandkorb“-Lage versetzt. Halb sitzend wird er durch variable Elemente am Behandlungstisch gestützt und entsprechend fixiert. Gerade bei minimalinvasiven Eingriffen – Operationen mit kleinen Schnitten und filigranen Instrumenten – hat so auch der Operateur die optimalen Arbeitsbedingungen, erklärt der Sportmediziner und Facharzt für Orthopädie. Selbstverständlich seien nicht nur die Sportler, sondern auch alle anderen Patienten der Oberlinklinik Nutznießer dieser Investition. Gleiches gelte für die sechs in der Klinik vorgehaltenen Arthroskopiesiebe – ein operatives Instrumentenset „mit Zängchen, Scherchen, Klämmerchen“. Akute Verletzungen sind nun mal nicht planbar, sagt Dr. Krause. Damit aber sofort operiert werden könne, habe man sich dazu entschieden, so viele Sets bereit zu halten und sie auch selbst im Hause aufzuarbeiten. „Wenn das letzte der sechs gerade in Benutzung ist, ist das erste wieder steril und einsatzbereit“, erklärt der Chefarzt das Motiv für die Anschaffung der immerhin 30 000 Euro teuren Siebe.
„Trends und Kniffe in der Sportorthopädie“ sind Thema des diesjährigen und 20. von der Babelsberger Klinik ausgetragenen Symposiums am 25. November. Die Jubiläumsfachtagung, die für Mediziner als punktebringende Weiterbildung gilt, ist in diesem Jahr begleitet von einem Rahmenprogramm für jedermann – mit Vorträgen und einem aktionsreichen Tag der offenen Tür im Reha-Zentrum des Oberlinhauses.
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