Landeshauptstadt: Ketchupsuppe und Schokofondue
Unter Anleitung von Weltmeister Ronny Pietzner bekochten Kinder ihre Mitschüler mit Drei-Gang-Menü
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Über einen großen Topf mit blubbernder roter Melasse stecken die Kinder ihre mit Kochmützen behüteten Köpfe zusammen. „Das ist Ketchupsuppe“, beantwortet die neunjährige Lisa die neugierige Frage. „Da sind Tomaten drin“. „Und Zwiebeln.“ „Pfeffer und Salz“. „Kräuter“, zählen die zu Hilfsköchen auserkorenen Grundschüler auf. Angeleitet von Weltmeister-Koch Ronny Pietzner zauberten gestern 14 Grundschülerinnen und Grundschüler ein Drei-Gang-Menü für ihre Mitschüler. Das Essen sollte gesund und leicht nach zu kochen sein, lauteten die Auflagen an den Küchenmeister. Für ihn sei der Einsatz selbstverständlich gewesen, sagte Pietzner. Wenn es um Kinder geht, sei er immer dabei.
Mit der Aktion sollte gleichzeitig für die „Spirellibande“ geworben werden. Das kostenlose Speisenangebot für Kinder aus sozial schwachen Familien trage sich ausschließlich über Spenden, sagte die Geschäftsführerin des Trägers, dem AWO-Bezirksverband, Angela Basekow. Derzeit liefert die Spirellibande 65 Frühstücke und 20 Mittagessen. Der Bedarf sei weitaus größer, sagt die Schulleiterin „Am Priesterweg“, Viola Eichelbaum. Von ihren 330 Schülern würde die Hälfte die Möglichkeit einer kostenlosen warmen Mahlzeit nutzen, schätzt sie. Vorausgesetzt, sie würde in der Schule angeboten. Bisher nämlich müssen die Kinder noch von Drewitz in das Eltern-Kind-Zentrum am Stern fahren, wo die „Spirellibande“ noch ihren Hauptsitz hat. Dass Angebot direkt in die Grundschule zu verlegen, scheitere derzeit noch an dem bestehenden Vertrag mit dem kommerziellen Caterer, erklärt die Schulleiterin. Der könne zwar zum Jahresbeginn 2008 gekündigt werden, aber nicht sofort von der AWO übernommen werden. Stattdessen müsse die Mittagessenversorgung zunächst ausgeschrieben werden, erläuterte sie das Prozedere. Zu lang für Viola Eichelbaum, deren Forderungen noch weiter gehen. Sie wünscht sich für jedes Kind einen verbrieften Anspruch auf eine warme Mahlzeit. Erst gestern habe sie eine Viertklässlerin nach Hause geschickt, die gerne am Pietzner-Menü teilgenommen hätte. Weil die Mittagessenszeit in der fünften und sechsten Stunde lag, habe man die Teilnahme auf die Fünft- und Sechstklässler beschränkt. Das Mädchen habe gebettelt und gesagt, zu Hause gebe es nichts. „Ich hätte sie aber nicht einfach eine Stunde in der Schule warten lassen können. Die Eltern wussten ja nicht Bescheid.“ Eine schwere Entscheidung für die Leiterin der Grundschule, die oft hungernde Kinder in ihrer Einrichtung erlebt und deshalb eine Lösung von der Politik verlangt.
Die Stadtfraktion der Linken wagte den Vorstoß und ließ die Verwaltung prüfen, wie viel es die Stadt kosten würde, wenn man kostenlose Schulspeisung für alle Kinder aus sozial benachteiligten Familien einführte. Das Ergebnis liege jetzt zwar vor, erklärte gestern die Sprecherin der Stadtverwaltung, Regina Thielemann, auf PNN-Anfrage. Allerdings werde es erst in der nächsten Sitzung der Stadtverordneten am 7. November bekannt gegeben.
70 Pennäler kamen schon gestern in den Genuss von meisterlichem Essen, nur 33 von ihnen hätten regulär die Schulspeisung bezahlt, sagte die Schulleiterin. Ketchupsuppe, Hackfleischbällchen aus Hähnchengeschnetzeltem an Kartoffelpüree zu frischem Gemüse und Obst mit Schokosauce zum Reintauchen kamen super an. Pro Portion sei man mit rund zwei Euro Kosten dabei, überschlug der Küchenchef. Dank Spenden war das Mittagessen für die Kinder kostenlos. Die Spendenbereitschaft laufe langsam an, sagte AWO-Chefin Basekow, die demnächst den „Sponsor des Monats“ vorstellen will.
Nicola Klusemann
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