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Landeshauptstadt: Kinder jahrelang misshandelt? Urteil im Prozess gegen Pflegeeltern steht bevor

Es geht um Vorwürfe der Kindesmisshandlung und problematische Familienverhältnisse: Am Potsdamer Amtsgericht wollen Richterin Birgit von Bülow und ihre beiden Schöffinnen voraussichtlich am heutigen Montag entscheiden, ob ein Ehepaar aus Neu Fahrland ins Gefängnis muss. Laut Anklage wird ihnen vorgeworfen, drei Pflegekinder von 1999 bis 2004 misshandelt und erniedrigt zu haben.

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Es geht um Vorwürfe der Kindesmisshandlung und problematische Familienverhältnisse: Am Potsdamer Amtsgericht wollen Richterin Birgit von Bülow und ihre beiden Schöffinnen voraussichtlich am heutigen Montag entscheiden, ob ein Ehepaar aus Neu Fahrland ins Gefängnis muss. Laut Anklage wird ihnen vorgeworfen, drei Pflegekinder von 1999 bis 2004 misshandelt und erniedrigt zu haben.

In dem Prozess hatten zwei der drei Pflegekinder die einstigen Eltern schwer belastet, ebenso eine Zeltnachbarin. Das Ehepaar bestreitet die Vorwürfe, dass die Kinder geschlagen und mit Erbrochenem gefüttert worden seien. Die 65-jährige Frau saß oft leicht lächelnd und kopfschüttelnd an der Anklagebank, wenn über ihre mutmaßlichen Taten gesprochen wurde. Freunde und Verwandte des Paars hatten die Angeklagten verteidigt, aber leichte Schläge und Ziehen an den Haaren als Erziehungsmethoden eingeräumt. Auch die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Strafverteidiger werden heute erwartet.

Ungewöhnlich macht den Fall, dass eine Pflegetochter noch bei ihren mutmaßlichen Peinigern lebt. Die inzwischen vierfache Mutter hatte 2010 mit einer Aussage bei der Polizei die Ermittlungen ins Rollen gebracht, vor Gericht ihre Aussage aber widerrufen. Dazu hatte der Berliner Psychologe Peter Waschke – der die Familienverhältnisse 2011 im Auftrag des Jugendamts untersuchte – vor Gericht gesagt, die jetzt 26-Jährige sei unselbstständig und geistig kaum in der Lage, sich eine konsistente Geschichte auszudenken. In seinem Gutachten attestierte Waschke, das Ehepaar sei bei der Betreuung der aus Alkoholikerfamilien stammenden Pflegekinder gescheitert und habe sich gegen externe Hilfe abgeschottet. Insbesondere die Angeklagte arbeite mit Täuschungen und Fälschungen, um die Verhältnisse in der Familie zu verschleiern. Auf Grundlage des Gutachtens leben die Kinder der früheren Pflegetochter jetzt in einem Heim, bei ihnen bemerkte Waschke erhebliche Entwicklungsdefizite und ein gestörtes Sozialverhalten. Gleichwohl betonte eine 35 Jahre alte Freundin des Ehepaars – die die Angeklagten stets mit „Mama“ und „Papa“ anredete und keinen Kontakt mehr zu ihren leiblichen Eltern hat –, sie würde ihre Kinder dem Paar bedenkenlos anvertrauen. Kontrollieren sollten die Familie die Jugendämter des Landkreises Potsdam-Mittelmark und der Stadt Potsdam, die ab 2003 verantwortlich war. Die Behörden hatten eingeräumt, trotz Hinweisen auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung zu wenig unternommen oder keine Auffälligkeiten entdeckt zu haben. Ebenso seien die rechtlichen Eingriffsmöglichkeiten begrenzt gewesen. HK

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