PSYCHOLOGE GÜNTER ESSER ÜBER DEN UMGANG MIT TOD: Kinder trauern kürzer
Hilft Reden, um die Trauer zu bewältigen? „Das ist eine laienpsychologische Vorstellung“, sagt Psychologie-Professor Günter Esser von der Universität Potsdam.
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Hilft Reden, um die Trauer zu bewältigen? „Das ist eine laienpsychologische Vorstellung“, sagt Psychologie-Professor Günter Esser von der Universität Potsdam. „Man muss erstmal jedem die Gelegenheit geben, selbst mit der Sache zurecht zukommen“, erklärt er weiter: „Da hat jeder seinen eigenen Weg.“ Kinder und Jugendliche verarbeiten Verluste schneller als Erwachsene, sagt der Psychologe. „Das hat mit der eigenen Lebensperspektive zu tun, die vor einem liegt oder hinter einem liegt“, erklärt er. Während Erwachsene als Orientierungswert etwa ein Jahr Trauerzeit brauchen, dauere das bei Jugendlichen nur halb so lange, bei Kinder sogar nur wenige Monate. Danach ist die verlorene Person nicht völlig vergessen, aber die depressive Trauerphase ist vorbei, der Alltag kann wieder bewältigt werden. Wenn Jugendliche auch danach noch trauern, könnten sogar die Eltern daran schuld sein, so Esser: „Vieles wird an der Trauer der Kinder durch die Trauer der Eltern aufrecht erhalten“, sagt der Psychologe. Das die Kinder dann traurig sind, liegt daran, „dass sie ihre Eltern, also die Menschen, die ihnen eigentlich Sicherheit und Geborgenheit vermitteln sollen, als hilflos erleben“. In anderen Fällen werde die Erinnerung zum Beispiel an einen toten Bruder mit täglichen Gebeten und häufigen Friedhofsbesuchen wach gehalten. Esser: „Dann sollten eigentlich die Eltern fachliche Hilfe in Anspruch nehmen.“
Gerade Kinder gehen mit Verlusten unkonventionell um: Sie vergessen sie oder machen sich spielerisch darüber lustig, wie eine Studie mit Kindern aus Sarajewo in der Bürgerkriegszeit gezeigt hätte. „Die wenigsten von ihnen werden krank.“ JaHa
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