DASwar’s: Kinder, wie die Zeit vergeht
Ich hatte es als schöne Fügung empfunden als ich im Januar hier die erste von zwölf Kolumnen in diesem Jahr schreiben durfte. Jeden Monat eine etwas persönliche Note – das ist eine schöne Aufgabe.
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Ich hatte es als schöne Fügung empfunden als ich im Januar hier die erste von zwölf Kolumnen in diesem Jahr schreiben durfte. Jeden Monat eine etwas persönliche Note – das ist eine schöne Aufgabe. In einer meiner Lieblingsserien, die ich bei meinem wenigen Fernsehkonsum schaue, heißt es immer wieder: „Kinder, wie die Zeit vergeht!“ Genauso ist es. Das Jahr ist fast um.
Manchmal habe ich aber auch das Gefühl, als würde die Zeit stehen bleiben. Mir kommt es so vor, als wären die Weihnachtsmarktbuden auf der Brandenburger Straße nie abgebaut gewesen. Die Eisbahn auf dem Luisenplatz war nie weg. Über das kaputte Hallendach am Luftschiffhafen reden wir schon seit einem Jahr. Hochwasserbilder im Fernseher erscheinen mir als Standbild, so oft gibt es sie. Und spielt Deutschland immer noch gegen Ghana bei der Fußball-WM, oder ist das tatsächlich eine Neuauflage?
Vieles in diesem Jahr ist aber auch zur Gewohnheit geworden. In dem Café in der Friedrich-Ebert-Straße stellen sie mir meinen morgendlichen Kaffee auf den Tresen, ohne dass ich etwas sage. Wenn die Woche zu Ende geht, bekomme ich – gewöhnlich – eine SMS meiner Nachbarin, ob ich am Wochenende Zeit für eine gemeinsame Laufrunde habe. Dass gestern nichts in meinem Nikolausstiefel war, hat Tradition. Und beim Italiener bestelle ich doch immer wieder Nudeln, auch wenn ich mir fest vornehme, es diesmal nicht zu tun.
Einiges ist neu. Ich bin noch immer unentschieden, ob ich auf dem Weg zum Bahnhof links oder rechts ums Landtagsschloss fahre. Es ist ungewohnt, über Fußballspiele des SV Babelsberg 03 zu schreiben, als sie aus dem Fanblock aus zu beobachten. Dass ein Knöllchen für eine Parksünde inzwischen mit zehn statt mit fünf Euro dotiert wird, ist eine bittere Neuigkeit gewesen.
Dass bei allen Empfindungen über Gewohnheit, Veränderungen oder vermeintlichen Stillstand das Jahr vorbei ist, habe ich vergangenen Sonntag gemerkt. Mein 16-jähriger Sohn hat mich von der Arbeit abgeholt und ich hab ihn gefragt, ob wir noch einen Glühwein trinken gehen. Kinder, wie die Zeit vergeht.
Peter Könnicke ist freier Journalist und arbeitet als Lauf- und Fitnesstrainer.
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