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Aus dem GERICHTSSAAL: Kinderfinger auf heißen Herd gedrückt Angeklagter schwieg. Weitere Zeugen nötig

„Die Kleine schrie und ließ sich kaum beruhigen. Schließlich sagte sie, Papa habe ihre Finger auf die heiße Herdplatte gedrückt“, berichtete Carola C.

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„Die Kleine schrie und ließ sich kaum beruhigen. Schließlich sagte sie, Papa habe ihre Finger auf die heiße Herdplatte gedrückt“, berichtete Carola C.* (45) am Donnerstag vor Gericht. Die Angestellte trat im Prozess gegen ihren Ex-Lebensgefährten Martin M.* (43) wegen einfacher und gefährlicher Körperverletzung als Nebenklägerin auf. Denn der Vorfall vom Frühjahr 2009 war laut Anklage nicht der einzige. In der zweiten Jahreshälfte soll der Langzeitarbeitslose die Hand seiner damals gerade sieben Jahre alten Tochter Marie* an den brühheißen Kartoffeltopf aus Edelstahl gehalten haben. Beide Male habe das Kind stark gerötete Hautstellen davongetragen. Ans Licht kamen die Taten erst, als sich die seit 2011 getrennt Lebenden wegen vermeintlicher Verfehlungen gegenseitig bei der Polizei anzeigten.

Martin M. schwieg zu den Vorwürfen. Angaben zur Person machte er widerwillig. „Ich bin nicht vermittelbar, lebe von Hartz IV“, so der hagere Mann. Unterhalt für die inzwischen zehnjährige Marie zahle er daher nicht. Er sei jetzt verheiratet, habe zwei weitere Kinder.

„Marie ist entwicklungsverzögert und hat eine Störung im emotionalen Bereich. Sie schreit und weint viel“, erzählte die Nebenklägerin. Das sei dem Angeklagten oft auf die Nerven gegangen. Beim ersten Vorfall soll die Kleine ihm im Weg gestanden haben, während er das Abendessen kochte. Da sie auf mehrfache Aufforderung nicht wegging, sei er ausgerastet. Beim zweiten Mal habe ihn das Herumgezappel des Mädchens auf dem Sofa geärgert.

Obwohl ihm die Behinderung des Mädchens, das er seit ihrer Geburt betreute, wohlbekannt gewesen sei, habe Martin M. oft unbeherrscht und aggressiv reagiert, Marie geschlagen und ihre Selbstständigkeit nicht gefördert, führte Carola C. aus. Das Kind habe schließlich unter Minderwertigkeitskomplexen gelitten, sich in der Kita und später im Hort nichts mehr zugetraut. Dennoch wolle Marie weiterhin Kontakt zu ihrem Vater. „Sie hat in den Ferien mindestens 80 Mal versucht ihn anzurufen. Doch er blockt jede Kontaktaufnahme auf. Weder zum Geburtstag noch zu Weihnachten schickt er eine Karte, von Geschenken ganz zu schweigen“, berichtete Carola C. „Ich denke schon, dass er damals überfordert war. Er hat sich um den Haushalt und Marie gekümmert. Ich war viel arbeiten.“

Deshalb bekam die Angestellte wohl lange nicht mit, dass ihr Lebensgefährte die gemeinsame Tochter misshandelt haben soll. In ihrer Not wandte sich Marie an ihrenVertrauenslehrer und einen Horterzieher. Ihnen soll sie erzählt haben, dass der Papa sie öfter gehauen habe. Die Pädagogen erwogen, das Jugendamt einzuschalten. Doch Carola C. suchte von sich aus Hilfe bei der Behörde.

„Heute kommen wir nicht zum Schluss“, konstatierte Amtsrichterin Bettina Thierfeld. Um ein Urteil zu sprechen, sei es nötig, weitere Zeugen zu hören, unter ihnen die Pädagogen, denen sich das Kind wegen vermeintlicher Gewaltausbrüche des Vaters anvertraut haben soll und die Ehefrau des Angeklagten. Nach Ansicht der Verteidigung wird sie bekunden, dass Martin M. ein liebevoller Vater sei. Neuer Verhandlungstermin ist der 26. September. (*Namen geändert.) Hoga

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