Aus dem GERICHTSSAAL: Kinderporno im Müll
Belastungszeuge fehlte / Neuer Termin anberaumt
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„Wir können die Öffentlichkeit ausschließen, falls es gar zu privat wird“, gibt Amtsrichter Lange zum Prozessauftakt zu bedenken. Lars L. (31, Name geändert) schaut zu seinem Verteidiger. Der schüttelt den Kopf und betont: „Wir haben nichts zu verbergen.“ Dann verliest er eine vorbereitete Erklärung, die seinen Mandanten vom Vorwurf des Besitzes kinderpornografischer Schriften entlasten soll. Die reicht dem Gericht allerdings nicht. Es beraumt für den 27. November einen neuen Termin an und verhängt gegen den unentschuldigt fehlenden Stiefvater des Angeklagten ein Ordnungsgeld von 100 Euro. Der Mann hatte seinen Stiefsohn bei der Polizei bezichtigt, eine Kassette mit „Schmuddelkram“ zu besitzen. Lars L. will das Video mit der Aufschrift „Star Wars“ im November 2005 von einem flüchtigen Bekannten für seinen Science-Fiction-begeisterten Stiefvater besorgt haben, nicht wissend, was sich tatsächlich auf dem Band verbarg. So steht Aussage gegen Aussage.
Das Video – es zeigt einen älteren Mann bei sexuellen Praktiken mit einem Mädchen und einem Jungen im Kleinkindalter – habe längere Zeit im Schrank seines Mandanten gestanden. Der habe keinen Fernseher besessen, folglich auch keine Möglichkeit gehabt, einen Videorekorder anzuschließen, so der Verteidiger. Allerdings habe Lars L. seinem Stiefvater erlaubt, die Kassette anzuschauen. „Ich wäre ja völlig bekloppt, solch brisantes Material bei mir zu lassen“, so der Angeklagte in seiner Erklärung. Seit jeher habe sein Stiefvater hinter ihm hergeschnüffelt, Briefe geöffnet, den Computer angezapft. „Ich hatte wirklich keine Ahnung, was auf dem Band war. Und ich kann mir auch nicht erklären, wieso mir mein Bekannter so etwas zukommen ließ.“ Den Nachnamen des ominösen Herrn kennt der Hartz-IV-Empfänger nicht, auch nicht dessen Adresse in Berlin. „Ich weiß aber, wie ich fahren und auf welchen Klingelknopf ich drücken muss“, versichert er. „Mein Stiefvater will mich anschwärzen“, ist sich Lars L. sicher. „Er ist sauer, dass ich mich mit meiner Mutter immer so gut verstanden habe.“ Doch seit jenem Vorfall sei auch der Kontakt zu ihr abgerissen. Er wisse nur, dass sie nicht mehr im Zentrum-Ost wohne. Ob sie zum Stiefvater in die Schweiz gezogen sei, könne er nicht sagen. „Ich habe mit Kinderpornografie nicht das Geringste zu tun. So etwas ist mir zutiefst zuwider“, beteuert der Ungelernte. Als der Stiefvater ihn auf den „Schmuddelkram“ ansprach, habe er die Kassette auf dessen Weisung sofort zerstört und in den Müll geworfen, erzählt Lars L.. Wenig später habe der Ältere ihn beschuldigt, Beweismaterial vernichtet zu haben. „Es gibt keinen Nachweis darüber, was wirklich auf dem Band war“, konstatiert der Vorsitzende. Deshalb müsse der Stiefvater des Angeklagten beim neuen Termin unbedingt erscheinen. Und es wäre gut, könne Lars L. den Berliner, von dem er das Band erhalten haben will, ebenfalls mitbringen.Hoga
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