Landeshauptstadt: Kirche ist nur Kirche, wenn sie Kirche für andere ist
Mit dem Wohngebiet im Kirchsteigfeld Mitte der 90er Jahre entstand auch Potsdams jüngstes Gotteshaus
Stand:
Mit dem Wohngebiet im Kirchsteigfeld Mitte der 90er Jahre entstand auch Potsdams jüngstes Gotteshaus Kirchen beherrschen seit Jahrhunderten die Silhouetten unserer Städte und Dörfer. Sie sind Zeugen einer geistig-kulturellen Entwicklung und offenbaren die Vielfalt religiösen Lebens. Das gilt auch für die Landeshauptstadt Potsdam und ihre eingemeindeten Dörfer. Was aber geschieht heute in diesen Kirchen? Was bewegt die Menschen, die sich in einer Kirche zusammenfinden? Die PNN-Serie „Kirchliches Gemeindeleben“ geht diesen Fragen nach und versucht ein Bild zu zeichnen vom Engagement in den Kirchen der Stadt und ihrer neuen Ortsteile. Sie berichtet auch vom Zusammenspiel verschiedener christlicher Strömungen , die sich in der Ökumene wiederfinden. Heute: Kirchsteigfeld Von Lutz Borgmann Ein Neubaugebiet mit einer neuen Kirche! Was zu DDR-Zeiten mit wenigen Ausnahmen undenkbar war, wurde nach der Wende im Kirchsteigfeld Wirklichkeit. Als Mitte der 90er Jahre Potsdams jüngster Stadtteil entstand, sah das internationale Planungsteam wie selbstverständlich im Zentrum einen Marktplatz mit einer Kirche vor. Am 1. Advent 1996 wurde der Grundstein für das Ökumenische Gemeindezentrum „Versöhnungskirche“ gelegt, das von der ortsansässigen Evangelischen und Evangelisch-Methodistischen Kirche gemeinsam genutzt werden sollte. Ein Jahr später konnte die Kirche in Anwesenheit der Bischöfe Huber und Klaiber und des damaligen Bundesbauministers Töpfer eingeweiht werden. Dem Engagement des Berliner Unternehmens Groth & Graalfs, Bauherr des Kirchsteigfeldes, ist es zu verdanken, dass das Gemeindezentrum einen Turm bekam. Mit 600000 DM finanzierte der Investor den Turm als „sichtbares Zeichen und Hinweis auf den Namen des Stadtteils, als Orientierungs- und Mittelpunkt“. Zum Motto für ihre Arbeit in dem neuen Gemeindezentrum wählten beide Kirchen das Wort von Dietrich Bonhoeffer: „Kirche ist nur Kirche, wenn sie Kirche für andere ist.“ So unterscheidet sich die kirchliche Arbeit im Kirchsteigfeld von mancher traditionellen Innenstadtgemeinde durch viele nach außen, zur überwiegend nicht-kirchlichen Bevölkerung im Stadtteil gerichteten Aktivitäten. Gemeindearbeit und Stadtteilarbeit sind eng miteinander verknüpft, sagt Pfarrer Frank Schürer-Behrmann von der evangelischen Kirche. Schwerpunkt ist der „Stadtteilladen“, eine Begegnungs- und Bildungsstätte, die offene Treffs veranstaltet, zu Lesungen und Vorträgen einlädt und unterschiedlichen Arbeitsgruppen einen Raum gibt. Ein Nachbarschafts-Café ist dienstags und donnerstags geöffnet. Zum Keramikkursus kann man mittwochs kommen, während sich freitags die Rommé- und dienstags die Skatspieler treffen. Seniorengymnastik wird ebenso angeboten wie eine Patchwork-AG. Beim „Unruheständlertreff“ geht es im Februar u.a. um das Gedächtnistraining, und die Anonymen Alkoholiker treffen sich an den Samstagen. In Zusammenarbeit mit der Potsdamer Tafel erfolgt an jedem Mittwoch zwischen 14 und 15 Uhr die kostenlose Ausgabe von Lebensmitteln an Bedürftige. Für Pfarrer Schürer-Behrmann ist das vielfältige Angebot im „Stadtteilladen“ charakteristisch für die kirchliche Präsenz im Kirchsteigfeld. Die Nähe zu den Bewohnern, unabhängig von ihrer Kirchenzugehörigkeit ist ihm wichtig. Dazu gehört auch das Engagement vieler ehrenamtlicher Helfer, die nicht alle der Kirche angehören, sich aber für „ihren Kiez“ mitverantwortlich fühlen. Der Sonntagsgottesdienst ist zur gewohnten Stunde um 10 Uhr. Doch findet er an jedem ersten Sonntag im Monat um 17 Uhr statt. Das Angebot, nachmittags einen Gottesdienst zu besuchen, sollte auch in einer der Innenstadtkirchen gemacht werden, meint Pfarrer Schürer-Behrmann, dessen Gemeinde 1200 Mitglieder bei rund 14000 Einwohnern im Einzugsgebiet – Kirchsteigfeld, Alt Drewitz und Drewitz – zählt. Als nächstes steht das Frühjahrsfest auf dem Programm, an dem sich die Evangelische und die Evangelisch-Methodistische Kirche gemeinsam beteiligen.
Lutz Borgmann
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: