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Protest. Unterstützer von Pfarrerin Pfeiffer am Freitag vor dem Bürgerhaus.

© A. Klaer

Potsdam: Konflikt um Kiezpfarrerin im Schlaatz: Kirchliches Mauern

Die Proteste für die freigestellte Kiezpfarrerin Pfeiffer am Schlaatz nutzten nichts. Die Amtskirche bleibt bei ihrer Haltung – räumt aber erstmals auch Fehler ein

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Schlaatz - Kein Weg zurück: Gut sechs Wochen ist es her, dass die Pfarrerin Ute Pfeiffer von ihren Aufgaben für das Projekt „Kirche im Kiez“ im Potsdamer Stadtteil Schlaatz freigestellt wurde. Seitdem gab es Proteste und Demonstrationen von Anhängern der Geistlichen. Sogar eine Petition wurde an die Kreissynode der evangelischen Kirche übergeben. Doch an der Entscheidung, sich von ihr zu trennen, wird nicht mehr gerüttelt.

Dennoch: Einiges lief mächtig schief im Fall Pfeiffer, wie jetzt auch die Generalsuperintendentin des Sprengels Potsdam, Heilgard Asmus, gegenüber den PNN einräumte. Sie bedauerte, dass es im Konflikt zwischen Pfeiffer, dem Superintendenten Joachim Zehner und Sternkirchenpfarrer Andreas Markert Missverständnisse gab – wohl auf beiden Seiten. Diese hätten schnellstens bearbeitet werden müssen. „Das gelingt aber leider nicht immer“, sagte Asmus. Sicherlich seien Fehler gemacht worden. „Aber wenn wir von Fehlern sprechen, klingt das immer wie eine Schuldzuweisung. Und der Fehlerquotient steigt mit öffentlicher Erregung und mangelnder Erinnerung.“

Pfeiffer erklärte sich mit Freistellung einverstanden

Asmus leitet den Sprengel Potsdam und ist damit als Regionalbischöfin auch für innerkirchliche Angelegenheiten zuständig. Es habe viele Gespräche gegeben, eine Mediation sei versucht worden, an der auch der Pfarrverein – die Rechtsvertretung für Pfarrer in Konfliktfällen – mitgewirkt habe. „Ich wüsste nicht mehr, was wir noch hätten machen können.“

Pfeiffer habe schließlich die Vereinbarung unterschrieben, wonach sie bis Juli bei vollen Bezügen freigestellt werde, um sich eine andere Pfarrstelle zu suchen. „Das Thema ist vorbei, Pfarrerin Pfeiffer hat mit ihrer Unterschrift die Verantwortung für die Pfarrstelle zurückgegeben“, sagte Asmus. Dass sie möglicherweise aus persönlichen Gründen dazu gezwungen und aus ihrer Position rausgedrängt wurde, ließ sie nicht gelten. „Man muss irgendwann einmal dazu stehen, was man unterschrieben hat“, sagte sie. „Pfarrerin Pfeiffer kann nicht zurück.“

Aus Sicht vieler Anwohner, des Stadtteilmanagements und der Mitarbeiter von Pfeiffer ist diese unnachgiebige Haltung nicht nachvollziehbar. Vor allem, da sie wohl gar keine andere Wahl gehabt hätte, da ansonsten ein förmliches Abberufungsverfahren eingeleitet worden wäre. So heißt es, dass Pfeiffer gut mit der direkten Art der Schlaatzer umgehen konnte, zugehört und viel angeschoben habe wie etwa das Nachbarschaftscafé, das auch von Flüchtlingen genutzt wird. Vor allem sei sie bei der Suche nach dem im Juli entführten und dann ermordeten sechsjährigen Elias immer da gewesen. Sie habe die Menschen näher an die Kirche herangeführt, eines der Ziele von „Kirche im Kiez“. Und jetzt ist sie weg.

Auch die sozialen Träger in der Plattenbausiedlung setzten sich für Pfeiffers Verbleib ein. So wurden mehrere Briefe etwa an die Landeskirchenleitung verschickt. Auch die Stadt wurde gebeten, sich für die Pfarrerin einzusetzen. Ohne Erfolg.

Wütende Schlaatzer

Die Schlaatzer seien jetzt wütend und fühlten sich alleingelassen, sagte Stadtteilmanagerin Kathrin Feldmann. Sie wüssten nicht, wohin mit ihrer Wut. Viele hätten sich geärgert, dass auf die Petition an die Kreissynode erst Wochen später geantwortet worden sei. Auch das Schreiben selbst habe Kopfschütteln ausgelöst. Darin heißt es lapidar, dass die Kreissynode nicht zu dienstrechtlichen Angelegenheiten Stellung nehmen und sich auch nicht zu Einzelheiten äußern könne. Sie fühlten sich nicht ernst genommen, sagte Feldmann. Im Schlaatz macht sich nun Ernüchterung breit. Auch Pfeiffer selbst sei mittlerweile wohl klar, dass sie nicht mehr zurückkommen könne, sagte Feldmann.

Als Grund für die Freistellung hatten Zehner sowie Markert vor allem Differenzen über die Aufgaben im Schlaatz genannt. Konkrete dienstrechtliche Vorwürfe wurden nicht bekannt. Ihre Aufgaben seien aber nie schriftlich fixiert worden, sagte Pfeiffer. Auch wurde ihr vorgeworfen, nicht bei Sitzungen des Kirchenkreises teilgenommen und sich zu wenig um Flüchtlinge gekümmert zu haben. Pfeiffer wies das zurück. Sie habe dafür das Nachbarschaftscafé genutzt. Potsdams Flüchtlingsseelsorger Bernhard Fricke bestätigte das. Er habe Pfeiffer zwar nur kurz kennengelernt. Dennoch bedauere er ihren Weggang.

Gescheiterte Mediation

Einer, der in dem innerkirchlichen Konflikt vermitteln wollte, war Reinhart Müller-Zetzsche, Superintendent des Kirchenkreises Uckermark. „Es gab eine Mediationssitzung, das war es dann auch“, sagte er. Die Streitpunkte hätten sich „schnell hochgeschaukelt“. Dann sei es irgendwann zu spät gewesen für einen Ausgleich. Also lag der Streit doch eher im Persönlichen? Zehner und Markert hätten ihre Erwartungen nicht deutlich genug benannt. „Sie ist wohl nicht richtig fair behandelt worden“, sagt Müller-Zetzsche. Aber auch Pfeiffer habe Fehler gemacht und auf ihr Recht gepocht, als Pfarrerin nicht weisungsgebunden zu sein. Fakt sei aber, dass sie nicht mehr zurückkommen könne. „Der Zug ist abgefahren.“

Am Freitag demonstrierten wieder Unterstützer von Pfeiffer vor dem Bürgerhaus. Sie zeigten Plakate mit den drei Affen, die sich jeweils die Ohren, die Augen oder den Mund zuhalten – als Symbol für die Art der Konfliktbewältigung in der Kirche. Am Weihnachtsabend soll es im Nachbarschaftscafé eine kleine Feier geben – diesmal mit Pfeiffer. Die Sterngemeinde von Pfarrer Markert bietet an Heiligabend keinen Gottesdienst im Schlaatz an.

Stefan Engelbrecht

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