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Landeshauptstadt: Kirsch macht den Weg nicht frei

Der Bauunternehmer lenkt nicht ein – und kann damit Potsdams Sozialdemokraten schwächen

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Die Sondersitzung der SPD-Fraktion dauerte knappe zwanzig Minuten. Dann drehte sich der Schlüssel im Schloss der Flügeltür zum „Blauen Salon“ im Potsdamer Stadthaus und Oberbürgermeister Jann Jakobs verließ den Saal, dicht gefolgt von Wolfhard Kirsch. Der setzte ein breites Lächeln auf – obwohl seine Fraktion gerade das Verfahren zu seinem Ausschluss beschlossen hatte. Bei den anderen neun Fraktionsmitgliedern eher betretene Gesichter: Kirsch hatte auch die letzte Chance nicht ergriffen, im Streit mit seiner Partei einzulenken. „Wir haben klare Bedingungen für einen Verbleib in der Fraktion genannt, aber er ist darauf nicht eingegangen“, sagte Helmut Przybilski. Er ist seit 1990 SPD-Stadtverordneter – einen Fraktionsausschluss hat es seit dem noch nie gegeben.

Gestern stimmten von den zehn anwesenden SPD-Stadtverordneten sieben zu, zwei enthielten sich, Kirsch selbst votierte gegen seinen Ausschluss. Knappe Verhältnisse, denn wenn Mitte Oktober tatsächlich über den Fraktionsausschluss abgestimmt wird, muss dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit stehen. Dieser kann sich Fraktionschef Mike Schubert offenbar nicht ganz sicher sein: Lange hatten Fraktion und Partei gezögert, tatsächlich Maßnahmen gegen ihr Mitglied Kirsch zu ergreifen. Das stieß bei vielen auf Unverständnis. „Der Konflikt mit Kirsch war lange vorhersehbar“, sagt auch Potsdams Grünen-Fraktionschef Peter Schüler. Andere fragten, wie lange die Partei es sich bieten lassen wolle, dass Kirsch fortwährend gegen Parteitagsbeschlüsse zum Uferweg-Streit am Griebnitzsee verstoße – und vor allem, warum die SPD so viel Geduld zeigte. Ein Grund dafür scheint der drohende Machtverlust im Stadtparlament: Behält Kirsch weiterhin sein Stadtverordneten-Mandat, verliert die SPD einen Sitz und liegt damit gleichauf mit den Christdemokraten. Dies gefährdet zwar nicht die bürgerliche Schlosskoalition, schwächt SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs aber weiter. Er regiert ohnehin ohne eigene Mehrheit und gegen die Linkspartei.PDS als stärkste Fraktion. „Es wird nicht leichter dadurch, gleichauf mit der drittstärksten Kraft zu sein“, sagt Fraktionschef Schubert, der für Jakobs oftmals die Mehrheiten organisiert. Es zähle allerdings die Glaubwürdigkeit der Partei – und dieser habe Kirsch bereits geschadet. Wie sehr, bleibt offen: Dass Potsdams SPD-Chef und Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer sich zurückhielt und bei der entscheidenden Sitzung des Unterbezirksvorstands zum Kirsch-Ultimatum fehlte, stattdessen Vize-Chef Schubert den Vorsitz überließ, wurde in Potsdams Parteikreisen mit Argwohn quittiert. Auch muss die SPD-Fraktion sich um zwei weitere Probleme sorgen: Das Stadtverordneten-Mandat der ehemaligen Geschäftsführerin des soziokulturellen Zentrums Lindenpark, Monika Keilholz, ruht noch. Doch hier wird nach den Finanz-Querelen beim Lindenpark Klärungsbedarf gesehen – und droht vielleicht sogar Konflikt. Außerdem ist Eiches SPD-Ortsbürgermeister Andreas Klemund in einen Nachbarschaftsstreit verwickelt, der regelmäßig Rücktrittsforderungen des Streit-Gegners provoziert.

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