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Landeshauptstadt: KIS kündigt Invalidenrentner

Für Gartengrundstück gibt es kein Wohnrecht/ Pächter wohnt seit 1986 dort

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Nauener Vorstadt - Ein Muster-Kleingarten ist es nicht, das Eckgrundstück auf dem Pfingstberg. Terrassenmöbel stehen kreuz und quer, über eine Stiege muss man in den aufgebockten Wohnwagen klettern, in einer Garage wird Werkzeug und Material gehortet und der freundliche Hund Zotti, der so aussieht, wie er heißt, beschnüffelt jeden Neuankömmling. Für den Grundstückspächter Detlef Valentin aber ist es genau die Umgebung, die er braucht. Vor kurzem bekam der Invalidenrentner jedoch die fristlose Kündigung vom Kommunalen Immobilienservice (KIS) der Stadt.

Als sich 1986 das Ehepaar Valentin trennte, wurde das seit 1977 von der Stadt gepachtete Grundstück aufgeteilt. Sie erhielt den Teil mit dem Wohnhaus, er den anderen mit der Garage. Damit auch er ein Domizil hatte, baute er sich einen Wohnwagen aus, ließ aber nie das Nutzungsrecht ändern, das –1987 im Grundbuch bestätigt – nur für eine Garage gilt. Zu DDR-Zeiten interessierte niemand, was auf dem Grundstück geschah, da die Pacht regelmäßig entrichtet wurde. Und das blieb auch nach der Wende so. 1997 bekam Valentin eine neue Hausnummer, beantragte Strom- und Wasseranschluss und erhielt ohne Probleme die Genehmigung dafür.

1999 ließ er sich auf eigene Kosten für 160 000 DM die Anschlüsse legen. 2000 wollte er dann zusammen mit einer neuen Lebensgefährtin auf dem Grundstück eine feste Bleibe bauen und beantragte Erbbaurecht. Das aber wurde nicht nur prompt abgelehnt, es setzte auch ein Verfahren in Gang, das inzwischen mehrere Rechtsanwälte beschäftigt.

Am 27. November 2001 teilte die Stadt ihrem Pächter mit, dass es sich um ein Schlüsselgrundstück handele, das dem öffentlichen Grünbereich zugeschlagen werden soll. Eine Bebauung käme daher nicht in Frage. Am 13. Juni des gleichen Jahres war das Grundstück Valentin aber zum Kauf angeboten worden. „Ich bekomme nur 526 Euro Invalidenrente. Kaufen konnte ich nicht “ , sagt er ganz unglücklich über den Verlauf der Verhandlungen. Valentin werden mehrmals neue Pachtverträge angeboten, zuerst für jährlich 293,80 Euro, dann im Januar 2004 für 965,11 Euro. Das kann Valentin bei seiner Rente nicht zahlen. Er erhöht jedoch auf Anraten seines Anwalts seine monatlichen Zahlungen selbst auf 50 Euro, um guten Willen zu zeigen.

Doch der KIS, dem die Stadt inzwischen das Grundstück übertragen hat, kündigt Valentin Mitte 2006 und nach Einspruch des Anwaltes noch einmal im September mit dem Hinweis, dass das Grundstück bis zum 31. Oktober zu räumen sei. Die Stadt hat jedoch bislang von einer Räumung abgesehen, erklärte Stadtsprecherin Rita Haack gestern. Detlev Valentin habe sich in der Angelegenheit an den Oberbürgermeister gewandt, der wolle sich nun um die Sache kümmern.

Für den Invalidenrentner beginnt damit ein Kampf um die blanke Existenz. „Mich kriegen sie hier nicht lebend raus“, sagt er. In einer Wohnung bekomme er Platzangst. Valentin ist Diabetiker, hat eine chronische Pankreatitis und eine Leberfunktionsstörung. Außerdem gilt er als depressiv und wird dagegen mit Medikamenten behandelt. Die fristlose Kündigung führte zu einer erheblichen Verschlechterung seiner Gesundheit. Valentin musste das Bett hüten. Die Nachbarn, ob Anwohner oder Kleingärtner, die den freundlichen und hilfsbereiten Nachbarn mögen, unterstützten ihn und sammelten Unterschriften gegen die Kündigung.

Die Rechtslage aber wird das kaum verändern, sollte der KIS weiter Härte zeigen. Die Begründung der fristlosen Kündigung mutet allerdings ziemlich makaber an. „Um eine eventuell noch Jahrzehnte dauernde Nutzung zu Wohnzwecken auszuschließen, konnte die Abwägung hier leider zu keinem anderen Ergebnis führen“, heißt es in dem Schreiben an Valentins Rechtsanwalt.

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