Landeshauptstadt: Kita-Kind strangulierte sich mit Kette
18 Monate alter Junge nach Unfall in Lebensgefahr / Polizei ermittelt wegen Verletzung der Aufsichtspflicht
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Babelsberg - Ein Kleinkind hat sich in einer Babelsberger Kindertagesstätte mit seiner Halskette stranguliert. Der Vorfall in der Kita „Regenbogenland“ am Hubertusdamm ereignete sich bereits am Montag und wurde erst gestern bekannt. Das Kind, der 18 Monate alte Magnus, liegt offenbar seit Montagvormittag im Koma und schwebt in Lebensgefahr. Der Zustand des kleinen Jungen sei „besorgniserregend“, sagte gestern Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller. Die Polizei ermittelt zum Verdacht der Vernachlässigung der Aufsichtspflicht durch Erzieherinnen der Kita.
Das Unglück ereignete sich am Montagvormittag auf der Freifläche der Kita. In dem abgegrenzten, etwa 20 mal 20 Meter großen Bereich hätten 25 Krippenkinder gespielt, sagte gestern Marcel Kankarowitsch, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Potsdam, das Träger der Kita ist. Die Kleinkinder seien von drei Erzieherinnen, einer Praktikantin und einer Ein-Euro-Jobberin beaufsichtigt worden. Bei den Vorbereitungen, die Kinder zum Mittagessen wieder hineinzubringen, habe eine Erzieherin Magnus „leblos“ in einer einsehbaren Weidenhütte vorgefunden, so Kankarowitsch. Dort müsse der kleine Junge so unglücklich gestürzt sein, dass er sich mit seiner Bernstein-Halskette an einem Ast verfangen habe. Wie lange er durch seine Kette stranguliert dort hing, konnte Kankarowitsch nicht sagen. Die Erzieherin, die ihn fand, habe sofort versucht, Magnus per Mund zu Mund-Beatmung wiederzubeleben, der Rettungsdienst sei „sehr schnell“ vor Ort gewesen. Dieser hat um 11.05 Uhr auch die Polizei alarmiert, so Polizeisprecherin Angelika Christen. Magnus wurde ins Klinikum gebracht.
Dies sei der erste solche Vorfall in einer Potsdamer Kita, sagte Sozialbeigeordnete Müller. Sie appellierte an die Erzieherinnen, die Unfallverhütungsvorschriften unbedingt einzuhalten. Damit seien Erzieherinnen berechtigt, für die Betreuungszeit der Kinder darauf zu bestehen, dass Schmuck oder Ketten abgelegt werden. Sollten Eltern wollen, dass die Kinder den Schmuck weiter tragen, dürfen die Kitas eine Betreuung ablehnen. „Das Gefährdungspotenzial einfach zu groß“, so Müller. Dazu werde es ein Schreiben an alle Potsdamer Kitaträger geben.
Im Fall des 18-monatigen Magnus habe die zuständige Erzieherin des „Regenbogenland“ die Mutter des Jungen gefragt, ob die Kette nicht verzichtbar sei, so Diakonie-Chef Kankarowitsch. Es sei jedoch „ausdrücklicher Wunsch“ der Mutter gewesen, dass ihr Kind die Bernsteinkette weiter trägt. Ketten wie diese würden bei Baby-Ausstattern angeboten, so Kankarowitsch. Sie sollen angeblich dafür sorgen, dass die Kinder leichter Zähne bekommen, und sind aus einem festen, nicht dehnbaren Material.
Als Reaktion auf das Unglück habe er am Dienstag jegliche Ketten und Bänder, die Kinder um den Hals tragen können, verboten, so Kankarowitsch. Anlass für personelle Konsequenzen in der Kita sehe er nicht. Seinen Erkenntnissen nach habe es kein schuldhaftes Verhalten der Erzieherinnen gegeben. Die Stimmung im „Regenbogenland“ sei bedrückt. „Alle sind fassungslos, Zweifel und Selbstvorwürfe nagen an den Mitarbeitern“, so der Diakonie-Chef. „Wir hoffen und beten, dass Magnus es schafft.“ Die Eltern der rund 90 Kinder, die in der Kita betreut werden, seien am Mittwochabend von dem Unglück informiert worden. Sie hätten den Kita-Erzieherinnen ihr Vertrauen ausgesprochen und wollten den Kontakt zu den Eltern von Magnus suchen. Der Junge soll ihr einziges Kind sein. Auch das Jugendamt biete den Eltern jede Unterstützung an, sagte Müller.
Erst im Dezember 2005 war ein sieben Jahre altes Mädchen bei der Hortbetreuung in der Babelsberger Goethe-Schule von einer von der Wand herab fallenden Schultafel schwer am Kopf verletzt worden. Im Herbst 2003 soll ein vierjähriges Kind auf dem Gelände einer Kita in Potsdam-West vergewaltigt worden sein.
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