Sport: „Klar, Atze, wird gemacht“
Dietrich Wendorff, ein Urgestein des Potsdamer Sports, feiert heute seinen 70. Geburtstag
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Wenn heute im Sacrower Rittersaal nach alter Sitte rustikal gespeist und nicht nur das oder andere Glas Met geleert wird, bleibt sicherlich auch genügend Zeit, auf die vergangenen 70 Jahre zurückblicken. Die hat Dietrich Wendorff – vielen auch unter seinem Spitznamen „Atze“ bekannt – inzwischen nämlich auf dem „Buckel“. Ein Grund zum Anstoßen ist dies allemal, und auch die PNN schließen sich den Glückwünschen der vielen Gratulanten an. „Eigentlich wollte ich ja ausreißen“, verrät der Jubilar. „Aber an solch einem Tag ohne die große Familie und die vielen Freunde – das geht doch auch nicht.“
Also steigt die Partie doch, und Wendorff wird es sich nicht nehmen lassen, seinen Gästen einen kleinen Einblick in sein bisheriges Leben zu geben. Jahre, die vor allem vom Sport geprägt waren. Jahre, die so manche Höhen und Tiefen bereit hielten und auf die der gebürtige Stettiner mit Freude und Stolz zurückblickt. Und so werden dann auch Fotos die Runde machen. „Atze“ als junger Kerl im Fußballtor auf dem Bolzplatz in Neuruppin, als frisch gebackener schmucker Schornsteinfegergeselle mit Zylinder, als Funktionär bei einer von zahlreichen Auszeichnungsveranstaltungen und vor allem als Trainer mit seinen Potsdamer Volleyballern.
Dabei war es anfangs der Fußball, dem seine ganze Liebe galt. Bei Konsum Neuruppin ging es los, die Titel ließen nicht lange auf sich warten und auch sein Meister in der Lehre zum Schornsteinfeger zeigte volles Verständnis für den jungen Athleten und ermöglichte ihm ein dreimaliges Training pro Woche. Glück brachte ihm der Job als „Glücksbringer“ selbst jedoch nicht: Nach zwei Unfällen war es Ende der 50er Jahre vorbei mit der Arbeit auf dem Dach. „Das war nicht leicht“, denkt Wendorff zurück. „Vater war im Krieg geblieben, wir waren vier Kinder, und so war ich schon frühzeitig selbst der kleine Ernährer.“
Während der Zeit an der Unteroffiziersschule der damaligen Nationalen Volksarmee in Burg war zwar zwischenzeitlich Pause mit dem Fußball, doch bei einer Talentsichtung durch die Armeesportgemeinschaft wurde man auf den begabten Kicker aufmerksam. ASG Vorwärts, der neu gegründete SC Potsdam und schließlich Motor Babelsberg waren Stationen, auch Spiele im Ausland waren da zu meistern: „Es war eine sehr schöne Zeit.“ Leistungssport gab es da auf der einen – die Arbeit als Kreissportlehrer beim Kreisvorstand des Deutschen Turn- und Sportbundes auf der anderen Seite. Dann folgte der Wechsel zum DTSB-Bezirksvorstand, wo er als Instrukteur unter anderem für den Aufbau der Trainingszentren für Volleyball verantwortlich war. Es war die Zeit der entstehenden Neubaugebiete in Potsdam, und die ins Leben gerufene Aktion „Sport vor der Haustür“ sollte Wendorff als Fachmann nun mit Leben erfüllen. 1965 gründete er die Wohnsportgemeinschaft (WSG) Waldstadt, die erste ihrer Art in der Stadt, bot Frauengymnastik, Volleyball und Fußball an und feierte als Volleyball-Übungsleiter unter anderem den DDR-Meister- sowie den Vizemeistertitel. „Durch den Fußball hatte ich ja schon einen guten Namen“, erzählt Wendorff. „Und wenn ich Mitstreiter brauchte, haben viele gleich gesagt: “Klar, Atze, wird gemacht.““
Die Umbruchzeit nach der Wende sollte nochmal eine besondere Herausforderung werden. Wendorff wurde als Geschäftsführer des neuen Stadtsportbundes eingesetzt, war entscheidend an der Bildung des Brandenburgischen Volleyballverbandes beteiligt und obendrein verantwortlich für den Aufbau der Volleyball-Landesleistungsstützpunkte in Cottbus, Königs Wusterhausen und Potsdam.
Vorsitzender der WSG Waldstadt ist er noch immer, auch wenn der Abschied von seiner Volleyballabteilung ein ganz bitterer war. „Zwei Tage vor Weihnachten bekam ich 1996 die Kündigung“, erzählt Dietrich Wendorff, der vorerst noch ehrenamtlich und dann als Honorartrainer weiter machte, bis 2001 jedoch alles abgab. Leicht verkraftete er das nicht; er wurde sehr krank, besiegte aber den Krebs.
Davon soll heute jedoch weniger die Rede sein. Eher davon, dass er seine sportliche Begeisterung auch an die nächsten Generationen weiter gegeben hat. Einerseits konnte „Atze“ Wendorff schon frühzeitig seine Frau Ruth von Gymnastik und Volleyball begeistern – auch sie wurde Übungsleiterin und sogar Ausbilderin. Und während Sohn Torsten den Volleyball für sich entdeckte, stand Thomas als der Ältere wie sein Vater im Fußballtor. Die Enkel Tim und Florian hüten inzwischen ebenfalls den Kasten und staunten vor kurzem nicht schlecht, als der Opa seine mit Schaumstoff gepolsterten Hosen und die alte Schiebermütze hervor holte. Denn ohne diese Utensilien, so musste er erklären, ging damals im Tor einfach gar nichts. Auch das ist auf den Fotos festgehalten, die heute sicherlich die Runde machen.
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