Projekt „Mobiles Wohnen“ an der FH Potsdam: Klein, aber fein
Ein Haus muss nicht für alle Zeiten an einem Ort stehen, wie ein Projekt von Studierenden der Fachhochschule zum mobilen Wohnen zeigt. Entstanden ist die Idee eines „Schrankhauses“.
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Potsdam - Ein Haus zum Auf- und Abbauen, 15 Quadratmeter klein, mit Sofa, Küchenzeile, Schrank und Tisch. Würfelförmig und aufgebaut aus zwei Modulen, die sich gegenüberstehen. „Schrankhaus“ nennen die Entwickler ihre Erfindung liebevoll. Sie ist das Ergebnis eines Studierendenprojekts, das im vergangenen Jahr unter der großen Überschrift „Mobiles Wohnen“ an der Fachhochschule Potsdam begann. Transportierbar und innovativ – dies waren die Vorgaben, denen die entwickelten Wohnkonzepte entsprechen sollten.
Nur drei Monate vergingen, bis von der Ideenskizze auf einem weißen Blatt Papier der fertige Prototyp entstand. „Es sollte nicht bei einem theoretischen Konzept bleiben, wir wollten etwas Erlebbares, zum Anfassen machen“, sagt Hermann Weizenegger, Professor für Industrial Design und Betreuer des Projekts. Zu Beginn der Forschung drückte er seinen Studierenden mit den Worten „Baut doch mal!“ ein paar Holzlatten und Planen in die Hände. Um ihnen die Scheu zu nehmen, wie er sagt. In eine der ersten Dachlattenkonstruktionen legte sich der Professor dann persönlich zum Übernachten. „Um auszutesten, wie sich das anfühlt und was man vielleicht verbessern könnte.“
Außen stabil, innen gemütlich
Jeweils etwa 20 Studierende aus Potsdam und Eberswalde – Architekten, Produktdesigner und Bauingenieure – planten, entwarfen und bauten schließlich das Schrankhaus. Während die Studierenden der FHP Außen- und Innengestaltung planten, setzten die Holztechniker aus Eberswalde die Modelle in die Praxis um. „Es ist ein sehr kleines Haus, daher sollte es von außen solide und stabil wirken, von innen dagegen eher warm und gemütlich“, erklärt der Potsdamer Produktdesign-Student Christian Rühlmann, der mit einem Kommilitonen die Außenfassaden des Schrankhauses gestaltete. Die beiden Studenten entschieden sich für einen neuartigen, hochverdichteten Holzfaserwerkstoff – wetterfestes Material, das auch im Außenbereich eingesetzt werden kann. Das in die dunkelgraue Fassade gefräste Muster erinnert dabei irgendwie an Vulkangestein.
Im Innenraum ließen sich die Studierenden vom Boots- und Wohnwagenbau inspirieren: Der Platz ist knapp, und ihn gilt es effizient zu nutzen. Hier gibt es keine freistehenden Möbel und keine vorstehenden Knäufe oder Griffe, die Einbauten haben teilweise mehrere Funktionen. Der Tisch ist einklappbar, das Sofa wird abends zum Bett, die Küchenzeile ist vorziehbar.
„Die Studierenden haben den kompletten Prozess von der Idee und Konzeption über die Kommunikation mit Produzenten bis hin zur Präsentation durchlaufen“, so Weizenegger. Auch über Verordnungen und Vorschriften mussten sie sich informieren. 16 Sponsoren aus Industrie und Handwerk ermöglichten es schließlich, das Schrankhaus in die Tat umzusetzen. Sie stellten das Material – von den verdichteten Holzfasern der Außenfassade, der verglasten Tür bis hin zum Mobiliar und den Stoffen. Am Ende des Projekts steht ein Prototyp, aus dem möglicherweise mehr wird. Im Januar präsentierten die Studierenden das Haus auf der Kölner Möbelmesse. „Dort konnten wir viele Kontakte zu potenziellen Produzenten knüpfen“, erklärt Rühlmann. Das Haus soll später vermarktet und in Serie gefertigt werden – so die Pläne der Studierenden. Der Preis wird wohl im niedrigen fünfstelligen Bereich liegen.
Wie viel Platz brauchen wir zum Leben?
Bibliothek, mobiles Büro, Gartenhaus oder Feriendomizil – die Ideen für die Nutzung des Schrankhauses sind vielfältig. Derzeit nutzen die Studierenden die bisher gesammelten Erfahrungen, um das Schrankhaus zu optimieren und zwei weitere Module zu entwickeln. Zusätzlich zum Wohn-, Schlaf- und Kochbereich soll es künftig auch einen Sanitärbereich und ein Modul für die Büronutzung geben. Außerdem soll das Schrankhaus so autark wie möglich werden und seine eigene Energie erzeugen – mit Solarmodulen auf dem Dach und über Erdwärme.
Den Wohnraummangel in Großstädten wird das Schrankhaus nicht mindern. Aber darum geht es auch nicht. Wie viel Platz brauchen wir zum Leben? Muss es tatsächlich die 120 Quadratmeter große Wohnung sein? Wie kann auf kleinem Raum attraktiver Wohnraum entstehen und welche neuen Denkansätze sind dafür notwendig? Um diese Fragen sei es gegangen, erklärt Rühlmann. „Auf der Messe waren viele Leute erstaunt, wie groß das Schrankhaus von innen wirkt“, erzählt der Student. „Und wie wenig Platz es doch eigentlich braucht, um alles Wichtige zu haben.“
Vom 4. bis zum 8. Mai ist das Schrankhaus auf dem „State of Design“-Festival in Berlin zu sehen. Das Programm im Internet gibt es hier >>
Das Schrankhaus im Internet >>
Heike Kampe
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