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Landeshauptstadt: Kleine Auswahl, große Preise

Was den Vermieter freut, ärgert Mieter und Verwaltung: Teure Wohnungen hemmen auch das Wachstum

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Die Auswahl klingt groß: Wer derzeit in Potsdam eine Wohnung sucht, kann zwischen 1171 Angeboten wählen. Was für den Suchenden nahezu unüberschaubar ist, stellt für die Stadt ein enormes Problem dar. Denn es sind nichtmal zwei Prozent aller Wohnungen, die derzeit für die Neuvermietung in der Landeshauptstadt zur Verfügung stehen. Konsequenz daraus: Es treibt die Preise, sagen die in der Verwaltung für den Wohnungsmarkt verantwortlichen Mitarbeiter. Ein Ende ist nicht in Sicht, weil der Bedarf an neuen Wohnungen nicht gedeckt werden kann – 800 neue Wohnungen werden jährlich für Neu-Potsdamer gebraucht, sagt die Beigeordnete Elona Müller. 600 sind es im Vorjahr gewesen, die meisten im Bornstedter Feld und in Babelsberg.

Die Stadtspitze wird nicht müde, öffentliche Förderprogramme zu fordern und das Land in die Pflicht zu nehmen. Noch in diesem Monat will sich Oberbürgermeister Jann Jakobs daher mit den Potsdamer Landtagsabgeordneten treffen, um eine fraktionsübergreifende Initiative für einen Potsdamer Sonderstatus zu bekommen. Denn öffentliche Wohnungsbauförderung gibt es derzeit nicht, auch weil die Landeshauptstadt ein Luxusproblem hat. Während in der Fläche des Landes bis zu zehn Prozent der vorhandenen Wohnungen leer stehen, wollen immer mehr Menschen in Potsdam wohnen. Bis 2020 werden 14 000 Neu-Potsdamer erwartet. Dafür weist die Stadt nun neue Baugebiete aus und erarbeitet ein eigenes Konzept für den Wohnungsbau. Darin enthalten sind auch Überlegungen, den Wohnungsunternehmen städtische Grundstücke für einen „nicht ausgereizten Kaufpreis zur Verfügung zu stellen“, sagt Müller. Oder in Erbbaupacht an die Gesellschaften zu übergeben und sich dann mit einem städtebaulichen Vertrag auf einen Anteil von Wohnungen mit sozial verträglichen Mieten zu einigen. An erster Stelle steht jedoch weiter der Ruf nach dem Land.

Billig ist es schon jetzt nicht, in der Landeshauptstadt zu wohnen. Von 6,79 Euro auf 6,95 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter ist der Mietpreis im vergangenen Jahr gestiegen. Tendenz steigend. Die Statistik liefert einen Einblick in Potsdamer Haushalte: 1,8 bis 1,9 Personen leben statistisch gesehen in einem Haushalt, etwa jeder neunte Haushalt bekommt die Kosten für die Unterkunft bezahlt bzw. Wohngeld von der Stadt. Und auch der Markt selbst wird in dem Bericht skizziert: 42 Prozent der gut 81 000 Potsdamer Wohnungen sind Ein- und Zwei- Raumwohnungen, etwa 20 Prozent sind Vier- Raum-Wohnungen oder größer. Und dennoch: „Insbesondere stehen nicht ausreichend günstige kleine Ein- und Zwei- Raumwohnungen sowie günstige große Wohnungen mit mehr als drei Wohnräumen für Familien zur Verfügung“, sagte Müller gestern. Sie hofft auf die Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und Privatinvestoren wie Semmelhaack – die Firma baut am Bahnhof etwa 500 Wohnungen –, um den Bedarf decken zu können. Auch die Zahl der Sozialwohnungen werde sich in den kommenden Jahren weiter kontinuierlich verringern. Doch selbst die Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften halten die mit der Stadt getroffenen Vereinbarungen, die Wohnraumversorgungsverträge, mit preiswertem Wohnraum nicht ein. Nur 40 Prozent der vereinbarten preiswerten Wohnungen mit einem Mietpreis unter 4,60 Euro kalt haben die Unternehmen zur Verfügung gestellt. Weil die Wohnungen nicht frei werden und damit zur Verfügung stehen, argumentiert die Verwaltung. Konsequenzen hat dies allerdings für die Unternehmen nicht.

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