Landeshauptstadt: Kleine Fische für den großen Spaß
Privater Bäderbetreiber legt Konzept mit einmaligem Kur- und Gesundheitsbereich für Potsdam vor
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Die Zustimmung zu den Plänen zum Niemeyer-Bad am Brauhausberg schwindet weiter. Nach der Absage von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) an die Dimension der bisherige Planung wurde diese am Montag von bislang knapp 40 Millionen Euro auf nunmehr höchstens 33 Millionen Euro abgespeckt. Immer noch viel zu viel und „unseriös“, sagt nun ein bayerischer CSU-Landtagsabgeordneter in einem Offenen Brief an Jann Jakobs. Er bezweifelt nach einem Fernsehbericht über die Potsdamer Pläne sowohl die Fähigkeit des brasilianischen Architekten, ein Freizeitbad für mitteleuropäische Klimaverhältnisse zu entwerfen, als auch die Planungsfähigkeit der Stadt.
Nun steht ein privater Investor, der noch nicht namentlich genannt werden will und ebenfalls auf eine öffentliche Förderung des Baus in Höhe von 80 Prozent hofft, für das Gelände am Brauhausberg bereit. Als immer wieder geforderte touristische Attraktion will er einen Gesundheits- und Kuransatz im Bad integrieren: spezielle Becken mit Sole und kleinen Fischen zur Heilung von Neurodermitis-Erkrankten. Die bestehenden Brandenburger Bäder würden bislang noch keine besonderen Badekuren für Volkskrankheiten wie Rheuma oder Neurodermitis besitzen, schreibt der potenzielle Investor in seinem Konzept, welches sowohl im Wirtschaftsministerium als auch einzelnen Landtagsabgeordneten und Mitgliedern der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung vorliegt. Auf diese Menschen mit Hautflechten, die seiner Ansicht nach sonst nicht in öffentliche Bäder gehen, will der potenzielle Betreiber nun für sein neustes Projekt ebenso setzen wie den „normalen Badegast“. In einem abgetrennten Teil des Bades sollen diese kleinen Fische gezüchtet werden und den Badegästen helfen, die Flechten loszuwerden. Es wäre das erste Bad dieser Art in Europa, argumentiert er in seinem Konzept.
Das ist ein Bestandteil seines Planes einer „Wasserwelt Potsdam“. In einem sowohl im Innen- als auch Außenbereich an „Sanssouci“ angelehnte Gestaltung wolle er die vier Kernbereiche Sport, Wellen-Badelandschaft, Kurtherme und Saunalandschaft entstehen lassen. Die derzeitigen Baupläne weisen zudem ein großes Saunadorf mit fünf Saunen außerhalb der Gebäude auf. Sowohl ein wettkampffähiges 50-Meter-Becken als auch ein Nichtschwimmerbecken, Mutter- Kind-Becken und einige Wasserattraktionen sollen im Sportbereich entstehen, dessen Glasfronten sich im Sommer öffnen lassen und somit auch als Freibad genutzt werden könnte. Als weitere Komponenten plant der Investor und Betreiber von einem Dutzend Bäder in ganz Deutschland freizeitbadspezifische Anlagen wie Wellenbad und Rutschen.
Die Finanzierung des Bades liege in der Hand der Stadt, den Betrieb mit Folgekosten würde der Investor „unter Freistellung der Stadt Potsdam“ übernehmen, heißt es in dem Konzept. Dafür könnte ein langfristiger Mietvertrag, unter Umständen mit Kaufoption, geschlossen werden. Im Gegenzug würde der Betreiber Sozialtarife für den Sportbereich sowie unentgeltliches Schul- und Vereinsschwimmen garantieren.
Den bisherigen Niemeyer-Entwurf bezeichnet der potenzielle Investor als sehr kostspielig. Er bevorzuge kurze Wege für die Badegäste, da diese Wege einerseits lästig wären sowie zusätzlich Betriebs- und Baukosten verschlingen würden. Den nun vorgelegten Beschluss der Stadtverordneten bezeichnete gestern auch der Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch (CDU) lediglich als ersten Schritt. Zwar sollte der Brauhausberg als Ort für ein attraktives Bad nicht in Frage gestellt werden, doch wolle er eine Neuausschreibung des Badbaus in Erwägung ziehen, „auch wenn man dabei einen Fehler bezüglich der bisherigen Planungen zugeben müsste“, so Niekisch. Die Fixierung der Kosten auf insgesamt 33 Millionen Euro, davon 24 Millionen Euro Fördergelder und neun Millionen Euro aus dem Hause der Stadtwerke, hält er für wenig erfolgversprechend. Nicht die finanzielle Deckelung, „sondern der sachlich qualifizierte Neuanfang ist der Schlüssel für ein förderfähiges Bad am Brauhausberg“.
Der Bürgermeister von Oranienburg, Hans-Joachim Laesicke (SPD), sieht die Förderpraxis des Landes insgesamt mit gemischten Gefühlen. Seinerzeit sei dem Bad in seiner Stadt die Förderung versagt worden, so dass die 30-Millionen-Investition der TURM-ErlebnisCity noch heute den städtischen Haushalt belaste. Zwar würden die Einnahmen den laufenden Betrieb abdecken, doch nicht die Zinsen für den benötigten 24-Millionen-Euro-Kredit. Daher sei die Stadt mit jährlich 1,4 Millionen Euro zusätzlich belastet. Eine nun 80-Prozent-Förderung für Potsdam würde seiner Ansicht nach nicht nur „die ohnehin angespannte Wettbewerbssituation unerträglich verschärfen sondern auch zu einer Wettbewerbsverzerrung führen“. Er sieht es als in seiner Stadt schwer vermittelbar an, dass die Bürger zur Finanzierung des eigenen Bades und über die gezahlten Steuern zu dem in Potsdam herangezogen werden.
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