Landeshauptstadt: Kleine Stars in der Manege
Im „Projektcircus“ lernen Schüler das Artistenleben kennen und werden selbst zu Zirkuskünstlern
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Im „Projektcircus“ lernen Schüler das Artistenleben kennen und werden selbst zu Zirkuskünstlern Von Juliane Wedemeyer Meerschweinchen sind gute Geheimnisträger. „Die können ja nicht sprechen“, darum hat Sophie-Charlotte ihrem Meerschweinchen erzählt, wie das Zauberkunststück funktioniert, denn echte Zauberer dürfen ihre Tricks nicht verraten. Vier Tage hat die Achtjährige mit den rund 340 Kindern der Grundschule am Pappelhain für ihren Auftritt im Zirkus „Pappelini“ geübt. Trainiert wurden die Schüler von den Artisten des Zirkus Sperlich, der sein rot-weißes Zelt im Pausenhof aufgeschlagen hatte. In der Projektwoche „Circus mit Kindern“ sollten die Sechs- bis 13-Jährigen lernen, dass zum Zirkusleben nicht nur glitzernde Kostüme und Applaus gehören, sondern auch harte Arbeit, Disziplin und Teamgeist. Am Wochenende war es endlich so weit. Die erste Vorstellung der kleinen Zauberer, Akrobaten, Feuerspucker und Haustierdompteure konnte beginnen: Hinter dem Vorhang warten 15 aufgeregte Tuchtänzerinnen und ihre Lehrerinnen, die sie vor dem Publikum unterstützen sollen. Die achtjährige Jacinta hat die Nacht davor kaum geschlafen. So nervös war sie. Und als die Augen doch kurz zufielen, träumte sie von ihrem Auftritt: „Danach bin ich gleich aus dem Bett gesprungen, ich wollte nicht zu spät kommen!“ Ganz pünktlich, gleich nach der ersten Clownnummer, wird es dunkel unterm Zirkuszelt und die Mädchen laufen flink in die Manege. Die Tücher leuchten im Dunkeln, werden in den Händen der Tanzenden zu lebenden Blumen.Tobender Applaus, als das Licht angeht. Auf den Holzbänken sitzen nicht nur Mama, Papa, Oma und Opa, sondern auch viele Kinder – zum Beispiel die von der Kita Sternschnuppe. Publikumslieblinge der Kleinen sind die Clowns. Schallendes Lachen, als die Spaßmacher sich gegenseitig mit Wasser bespucken. Bunte Ringe und Reifen fliegen durch die Luft, als die Jongleure in die Manege kommen. Die Jungen balancieren Teller auf Stäben. Die Nummer ist ein Erfolg. Nach dem Auftritt ihrer Zöglinge ist Lehrerin Rosi Litzba den Tränen nah: „Ich könnte heulen vor Glück, das ist der blanke Wahnsinn!“ Seit der Zirkus in der Schule ist, herrsche hier Ausnahmezustand. Aus Frau Litzba wurde während der Projektwoche „Litzi“. Denn im Zirkus duzen sich alle, so ist es unter Artisten üblich. Und auch das Oberkommando mussten die Lehrer abgeben. Das hat nun Zirkusdirektor Alfred Sperlich. „Einer muss ja das Sagen haben“, sagt der Seniorchef mit heiserer Stimme. Die hat er nicht von Ungefähr, denn der Umgangston im Zirkus ist rau. „Nicht mit dem Hintern auf dem Boden rutschen!“ oder „Ruhe!“ Die Befehle sind kurz, während der Vorstellung fehlt die Zeit für Erklärungen. Dafür lobt Sperlich die Feuerspucker, die er betreut, nach ihrem Auftritt aber auch einzeln. Jedem klopft er auf die Schulter: „Hast du gut gemacht. Bravo!“ Die Grundschule ist die fünfte, die an seinem „Projektcircus“ teilnimmt und für Sperlich „die beste.“ Jeder wachse über sich hinaus, findet Mathematiklehrerin Annette Rudwill: „Die Kinder sind selbstbewusster, merken, was in ihnen steckt.“ Pummelige Sechstklässlerinnen werden zu grazilen Seiltänzerinnen, schüchterne Brillenträger zu schmerzfreien Fakiren, die für die Zuschauer über Glasscherben laufen. Und aus einem achtjährigen Mädchen wird eine Zauberkünstlerin, die einen Teddy in ein weißes Kaninchen verwandelt.
Juliane Wedemeyer
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