Landeshauptstadt: Kleines Schloss verliert seine Türme
Dramatische Verschlechterung des Bauzustands zwang zum Abbau
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Babelsberg - Aus Sicherheitsgründen müssen jetzt drei der vier filigranen Ziertürmchen auf dem Kleinen Schloss im Babelsberger Park abgebaut werden. Die so genannten Fialen werden derzeit durch die Baudenkmalpflege der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten demontiert. „Uns blieb keine andere Wahl“, erklärte Baudirektor Dr. Alfons Schmidt gegenüber PNN. „Nach den letzten Stürmen hat eine Kontrolle ergeben, dass die Türme nicht mehr standsicher sind und herabzustürzen drohen.“ Eine Sicherung an Ort und Stelle sei wegen des schlechten Bauzustandes und einer vor längerer Zeit fehlerhaft eingebrachten Konstruktion nicht möglich. Deshalb müssen die Fialen in Einzelteile zerlegt, geborgen und eingelagert werden. Die Bergung kostet die Stiftung zusätzlich etwa 30 000 Euro.
Eine Wiederherstellung der Türmchen erscheint auf absehbare Zeit nicht möglich. Da am Kleinen Schloss auch eine Isolierung des Mauerwerks gegen aufsteigende Nässe, eine Dach- und Fassadensanierung notwendig sind, belaufen sich die Gesamtkosten auf 1,2 Millionen Euro. „Diese Mittel kann die Stiftung nicht aufbringen“, erklärt der Baudirektor. Er hoffe auf schnelle Bestätigung des Sonderfinanzierungsprogramms, das der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg zur Erhaltung der Schlösser und Gärten des Welterbes angekündigt haben.
Gefasst reagierte Arndt Gilka-Bötzow, der im Kleinen Schloss eine Gaststätte betreibt, auf den Abbau der Ziertürme. „Das Bild des Gebäudes wird zwar stark beeinträchtigt, doch an der gastronomischen Betreuung unserer Gäste gibt es keine Abstriche“, erklärt er. „Nur drei Terrassentische mussten wir umstellen.“
Das Kleine Schloss ist mit großen Namen der preußischen Geschichte verbunden. Prinz Wilhelm (der spätere Kaiser Wilhelm I.) hatte das mit einem Gartenhaus besetzte Grundstück 1833 von dem Webermeister Blumen erworben, dessen Vorfahren aus der Schweiz in die durch König Friedrich II. angelegte Kolonie Nowawes gekommen waren und dort 1754 in der heutigen Wichgrafstraße ein Haus als Schenkung erhalten hatten. Der neue Eigentümer beauftragte den Hofarchitekten Ludwig Persius, das Gartenhaus aufzustocken und zu erweitern. An den Entwürfen beteiligten sich auch Wilhelms Gattin Prinzessin Augusta und sein älterer Bruder Kronprinz Friedrich Wilhelm (IV.). Das Gebäude erhielt Wohnungen für den Förster Geldermann und die prinzlichen Adjutanten. Seine heutige Gestalt als „Kleines Schloss" im englischen Tudorstil und mit den vier Ziertürmchen erhielt das Haus 1841/42 nach nochmaligem Umbau durch den Architekten Eduard Gebhardt. Daran wirkte erneut Prinzessin Augusta mit. Danach wohnte in dem nun „Prinzenburg“ genannten Gebäude bis Ende der 40er Jahre Prinz Friedrich Wilhelm (der spätere Kaiser Friedrich III.). Damit war die Zeit der klangvollen Namen vorbei. Hofdamen und Bedienstete zogen ein, nach Ende der Monarchie wurde es Wohnhaus und nach 1946 Erholungsheim der Filmgesellschaft DEFA. Seine Zeit als Gaststätte begann 1950 unter der Bezeichnung „Strandterrassen“. Fortschreitender Verfall erzwang 1970 die Schließung, doch 1981 konnte sie nach Reparaturarbeiten als „Kleines Schloss“ wiedereröffnet werden.
Erhart Hohestein
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