Jungunternehmer aus Potsdam: Kleinvieh macht auch Geld
Im Babelsberger Weberpark eröffnet Maximilian Schulz seinen zweiten Zoofachhandel. Er ist gerade einmal 19 Jahre alt.
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Potsdam - „Der Service macht den Unterschied!“ steht über der Tür von Zooshop Schulz & Co. in der Babelsberger Garnstraße 26. Drinnen stehen nur ein paar leere Kisten, an den Wänden hängen vereinzelt Tierposter. Vor drei Jahren hat der damals 17-jährige Maximilian Schulz hier seinen ersten Zoofachhandel eröffnet. Gestartet ist er mit 10 000 Euro seines Vaters und 50 Quadratmetern. Seine damals arbeitslose Mutter arbeitete im Laden ihres Sohnes als Verkäuferin.
Heute, nur drei Jahre später, ist der Laden zu, gescheitert ist der damals minderjährige Geschäftsführer aber nicht. Im Gegenteil: Das Geschäft boomt. Inzwischen gehören Schulz nicht nur 500 Quadratmeter Ladenfläche samt zehn Mitarbeitern im Forum Köpenick. Im Babelsberger Weberpark eröffnet er am Montag seinen zweiten großen Laden – und das sei erst der Anfang.
Der junge Chef will mehr
19 Jahre ist Maximilian Schulz alt. Er sitzt in seinem riesigen Büro, sein Hemd, sein Stuhl, sein Schreibtisch: Alles ist wellensittichgrün. Er weiß nicht nur, was er will. Er scheint auch zu wissen, wie man es bekommt: Die zweite Filiale ist noch nicht einmal eröffnet – die vier Mitarbeiter packen noch die Lieferungen aus –, da plant er gedanklich schon weiter. Nächstes Jahr will er mit „Meine Haustierwelt“ nach Pankow, danach in alle größeren deutschen Städte.
Angefangen hat alles, da war Schulz sieben Jahre alt. Wellensittiche wollte er haben, weil ihn faszinierte, dass ein Sittich im Bekanntenkreis sprechen konnte. Als er eines Tages am Esstisch von der Tante hörte, dass die Nachbarin zwei Vögel abzugeben hatte, schlug er zu. Nach Willi und Billi kamen zwei weitere, dann noch mal zwei dazu. Irgendwann waren es 60. Er hielt die Tiere aber nicht einfach, er belas sich in Foren über artgerechte Haltung und stellte mit zwölf Jahren seine Seite wellensittichfreunde.de online. Mit der Zuchtgenehmigung in der Tasche startete er vom Elternhaus aus eine Wellensittichzucht, wie beim Onlinedating konnte man sich die Profile der Vögel ansehen, samt Porträt und Beschreibung. Zwischen 35 und 65 Euro kostet das Stück – er hatte 100 Kunden im Monat. Verkauft werden sie bis heute nur im Doppelpack. „Wenn jemand in meinen Laden kommt und einen Wellensittich will, schicke ich ihn wieder weg. Das ist einfach nicht artgerecht“, sagt Schulz. Und genau das mache ihn aus: Service und artgerechte Haltung. Selbst die Meerschweinchen werden nur zu bestimmten Uhrzeiten verkauft. Sie seien nachtaktiv; tagsüber lässt man sie in Ruhe. Die Tiere sind teurer als in den großen Ketten, aber man wisse eben, wo sie herstammen. Aus Deutschland und meist von privaten Züchtern.
Ausbildung abgebrochen
Eine Ausbildung hat Maximilian Schulz nicht, die hat er bei der Weißen Flotte Potsdam nach sechs Monaten abgebrochen. Er sei damit der Einzige, der nicht vom Fach ist, bekennt er schmunzelnd, denn er beschäftigt durchweg geschultes Fachpersonal. Wissenslücken brachte er sich autodidaktisch bei und belegte einen Fernlehrgang zu Buchhaltung und Unternehmensführung. Beraten hat ihn niemand, das Geschäft laufe, weil er die Stammkunden von der Sittichzucht behalten konnte. Und die Babelsberger Geld für Haustiere haben. Möglichkeiten, es auszugeben, gibt es jetzt genug, das Sortiment ist auf 5000 Produkte angestiegen. Kleintiere konnte man im kleinen Laden vorher nicht kaufen, jetzt gibt es alles: Vögel, Fische, Ratten und Zubehör aller Art. Ein erster Kunde steht auch schon vorm Laden: „Haben sie Lebendfutter?“, fragt er. „Wir haben alles,“ sagt Schulz freundlich, aber bestimmt, „ab Montag.“
Chef zu sein und alle Angestellten sind älter, ist das nicht komisch? Natürlich, aber dass die Mutter noch mit im Laden stehe, schade der Autorität nicht. Respekt von anderen hat er und Vertrauen auch: Immerhin komme es vor, dass seine Außendienstmitarbeiter beim „Housesitting Service“ für Tierbesitzer, die im Urlaub sind, auch mal den Hausschlüssel in die Hand gedrückt bekommen und den Briefkasten gleich mit leeren. Oder die Blumen gießen. Der volle Service eben.
Mit Lebewesen kein Geld verdienen, aber mit Zubehör
Dass ihm die Banken trotz Erfolg für den Babelsberger Laden keinen Kredit gaben, hielt ihn von nichts ab. In Potsdam finde man so große Ladenflächen kaum noch, da musste er zuschlagen. Auch wenn das Risiko mindestens so hoch ist wie das Eigenkapital. Alleine die maßgefertigte Aquarienanlage kostet 48 000 Euro, die Regale 20 000. Seine Mutter Christine Schulz ist heute Chefbuchhalterin, da könne nichts schiefgehen. Am Erfolg seines Konzepts zweifelt er ohnehin nicht. Auf die Frage, ob er mit seinem Vorhaben dann nicht selbst zur großen Kette werde, lächelt er nur. „Ja, aber dann weiß ich wenigstens, dass alle Wellensittiche von uns kommen – und denen geht es gut.“ Mit Lebewesen sollte man kein Geld verdienen, sagt er schließlich, sondern nur mit dem Zubehör. Ein Mann, ein Wort und man glaubt es ihm. Nun muss er nur noch einem Vogel das Sprechen beibringen. Vielleicht ist das das Einzige, was ihm bisher noch nicht gelungen ist.
Rita Orschiedt
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