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Landeshauptstadt: Klimakonzept: Mieterverein fordert Überarbeitung

Abschluss der öffentlichen Bürgerbeteiligung im Stadtforum / Beschlussvorlage noch dieses Jahr

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Barbara Scholz vom Mieterverein Potsdam und Umgebung hält den dicken Wälzer des Potsdamer Klimakonzepts hoch. „Ich habe mir die 477 Seiten ausgedruckt und bei der Lektüre viel über Wärmedämmung, Fotovoltaik und Fernwärme gelernt“, sagt sie. Das Manko: Über Auswirkungen auf die Miethöhe durch die CO2-Sanierung enthalte das Konzept kein Wort. „Wir brauchen nicht nur Klimastandards, sondern auch soziale Standards“ forderte die Mietervertreterin auf dem Stadtforum Donnerstagabend im Treffpunkt Freizeit.

Bekanntlich will Potsdam bis 2020 den CO2-Ausstoß pro Einwohner um zwanzig Prozent senken, das sind 173 224 Tonnen im Jahr. Ein von der Stadt beauftragtes Gutachter-Konsortium kommt sogar auf eine Sparquote von 284 000 Tonnen, wenn alle 99 vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden. „62 Prozent davon soll die energetischen Gebäudesanierung bringen, also 176 000 Tonnen – da können wir uns alles andere sparen“, kritisiert Scholz. Die Sanierungen ließen „unkalkulierbare Mietsteigerungen“ befürchten. „Der Kostenbahnhof wird in Richtung Mieter geschoben.“ Einsparungen für Energie von 52,27 Euro stünde ein Saldo von 69,98 Euro pro Monat als Mietenanstieg gegenüber, rechnet Scholz vor. „Die Stadt Potsdam hat mit ihrem Klimakonzept nicht gezeigt, dass sie ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden will“. Das Konzept müsse durch Kosten-Nutzen-Betrachtungen und die sozialen Auswirkungen weiter entwickelt werden. Bereits heute gebe die Kommune pro Quartal zehn Millionen Euro für Mieten im Rahmen der sozialen Pflichtleistungen aus. Dieser Betrag werde weiter steigen. Die Mietervereine fordern daher, den Klimaschutz „warmmietenneutral“ zu gestalten. Siegfried Rehberg vom Verband der Brandenburgischen Wohnungsunternehmen sagt, dass für Empfänger von Arbeitslosengeld II eine Lösung gefunden werden müsse. Eine älter und ärmer werdende Bevölkerung könne kaum stärker belastet werden.

Martin Kühn, Stadtverordneter für Bündnis90/Die Grünen, warnt davor, den Klimaschutz gegen die Mieterinteressen auszuspielen. Die Städte seien bekanntlich die größten C02-Verursacher, das ehrgeizige Spar-Ziel Potsdams daher richtig. Arbeitslosengeld-II-Empfängern wolle die Stadt entgegen kommen, damit sie nach einer Energie-Sanierungen in ihren Wohnungen bleiben können.

Als ungeklärt stellt sich in der Umgang mit dem Denkmalschutz bei der klimagerechten Gebäudesanierung heraus. „Es ist ein Manko, dass es kaum Technologien hierfür gibt“, sagt Siegfried Rehberg.

Christoph Lange, Mitglied des Klimakonsortiums, zeigte ein Foto der Dächerlandschaft am Neuen Garten mit dem ungenutzten Potenzial von Solaranlagen. „Die Solarmodule auf Dächern kommen mir vor wie die ersten Autos“, spöttelt Saskia Hüneke (B90/Grüne). Die Stadtverordnete und Denkmalpflegerin befürchtet eine „Materialschlacht“, wenn es nicht gelinge, intelligente Methoden der Wärmedämmung anzuwenden. Bei hundert und mehr Jahre alten Häusern sei außerdem zu berücksichtigen, dass diese aufgrund ihres hohen Alters bereits eine gute Umweltbilanz aufweisen.

Mit der Diskussion im Stadtforum findet der Marathon der Bürgerbeteiligung zum Klimakonzept, seinen Abschluss. Klaus-Peter Linke, Koordinator für Klimaschutz im Rathaus, kündigt für Dezember eine Beschlussvorlage für die Stadtverordneten an. Günter Schenke

Günter Schenke

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