Landeshauptstadt: Klimaziel Potsdams in Gefahr
Teilnahme an erster Bürgerbeteiligung gering
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Brandenburger Vorstadt – Das Klimaziel der Stadt Potsdam ist in Gefahr. „Die beabsichtigte Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes geht nicht weiter voran“, beklagte Klaus-Peter Linke am Donnerstagabend auf einer Veranstaltung in der Gerhart-Hauptmann-Grundschule in der Carl-von-Ossietzky-Straße – trotz entsprechender Vorschläge. Linke leitet die Koordinationsstelle für Klimaschutz in der Stadtverwaltung. Bekanntlich will die Landeshauptstadt bis zum Jahre 2020 den Kohlendioxidausstoß um 20 Prozent senken. Um das Vorhaben zu retten, beauftragte sie 2009 ein Konsortium von 25 Fachleuten aus zehn Institutionen für ein Klimakonzept. Entstanden ist ein 500 Seiten dicker Wälzer mit umfangreichen Zahlen, Sachaussagen, Tabellen und graphischen Darstellungen.
Auf insgesamt elf Veranstaltungen im gesamten Stadtgebiet will die Verwaltung das Material zur Diskussion stellen. Donnerstag gab es die erste Bürgerbeteiligung in der Brandenburger Vorstadt. In den kleinen Saal der Gerhart-Hauptmann-Schule kamen zwanzig Personen, überwiegend Insider. Aus der Bürgerschaft waren genau genommen nur fünf Leute da.
Chefgutachter Fritz Reusswig vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung teilte mit, dass das Konsortium 99 Maßnahmen vorschlage, die 284 000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr einsparen würden. Das 20-Prozent-Ziel wäre damit sogar übertroffen. Beim Verkehr nennt Reusswig unter anderem Parkraumbewirtschaftung, Beschleunigung des öffentlichen Nahverkehrs, Mobilitätsberatung für Neubürger, Förderung des Radverkehrs und Carsharing mit Elektroantrieb. Solardächer sind selbstverständlich im Programm, ebenso die Nutzung von Biogas statt Erdgas und die Reduzierung der Geschwindigkeit auf der Nuthestraße. Die Experten können sich kleine Extras wie eine „Grüne Schlössernacht“ und ein „Solares Tanzboot“ auf der Havel nicht verkneifen. Bei Letzterem wird die Bewegungsenergie einer flexiblen Tanzfläche zur Stromerzeugung genutzt wie bei einem Dynamo.
Bei der dezentralen Wärmeversorgung setzt Energiesparexperte Christoph Lange unter anderem auf Scheitholz, Holzpellets und Holzhackschnitzel. Es könnten schnell wachsende Gehölze angepflanzt und zu diesen Materialien verarbeitet werden. Das klingt nach Nostalgie. Als die Mietshäuser in der Brandenburger Vorstadt nach Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, gab es in den Wohnungen drei Meter hohe Öfen für die Holzheizung. Dann kam die Braunkohle. Bis 1989 war das gesamte Wohngebiet im Winter verräuchert, der saure Schwefeldioxidgeschmack lag auf der Zunge. Diese extreme Umweltbelastung ist vorbei – Klimaschutz lohnt auch im Kleinen.
Die im Gutachten vorgeschlagenen Maßnahmen sollen den Stadtverordneten als Grundlage für einen im nächsten Jahr zu fassenden Beschluss dienen. Im Januar will Linke dazu die notwendigen Unterlagen liefern. G. Schenke
Die nächste Bürgerbeteiligung findet am 14. Oktober um 18 Uhr in der Grundschule am Humboldtring statt.
G. Schenke
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