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Von Peer Straube: Klipp: Kleingärten und Garagen sollen Bauland werden Verband der Garten- und Siedlerfreunde kündigt Großdemo an / Scharfe Kritik von den Linken

Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) legt sich mit den Kleingärtnern und Garagenbesitzern an. Angesichts des Bevölkerungswachstums der Stadt will er Kleingärten und Garagenstandorte zu Bauland für Geschosswohnungen umwidmen.

Von Peer Straube

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Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) legt sich mit den Kleingärtnern und Garagenbesitzern an. Angesichts des Bevölkerungswachstums der Stadt will er Kleingärten und Garagenstandorte zu Bauland für Geschosswohnungen umwidmen. Das kündigte der Dezernent gestern Abend in der Stadtverordnetenversammlung an. Derzeit gebe es noch Flächen für rund 6000 neue Wohnungen, so Klipp. Sei dieses Potenzial ausgeschöpft, dürfe es keine „Tabuisierung“ geben, wenn es um die „Inanspruchnahme“ von Kleingarten- oder Garagenflächen geht. Auch eine entsprechende Änderung des Kleingartenentwicklungskonzeptes müsse dann erwogen werden.

Klipp stellt damit einen Kompromiss infrage, um den in der Stadtpolitik lange gerungen wurde. Das Kleingartenentwicklungskonzept sieht vor, insgesamt gut 4300 von derzeit 4500 Parzellen im Stadtgebiet, die der Verband der Garten- und Siedlerfreunde (VGS) bewirtschaftet, eine Bestandsgarantie zu geben. Knapp 200 Kleingärten müssen noch weichen – eine Folge alter Stadtverordnetenbeschlüsse, deren Zweck es war, ausreichend Gewerbeflächen im Stadtgebiet zur Verfügung stellen zu können. Quasi als Gegenleistung für diesen, vor allem in Babelsberg massiven Abbau von Parzellen, sollen die restlichen Gartengrundstücke dauerhaft erhalten bleiben. Neben den VGS-Parzellen gibt es noch etwa 800 Kleingärten, die nicht zum Dachverband der Siedlerfreunde gehören.

Beim Kleingartenverband hat man bereits die Alarmstufe Rot ausgerufen. VGS-Geschäftsführer Friedrich Niehaus kündigte gegenüber den PNN gestern für Ende November eine Großdemonstration von Kleingärtnern vor dem Stadthaus an. „Ich bin stinksauer“, sagte Niehaus. „Wir werden erbitterten Widerstand leisten“, drohte er. Klipp warf er „selbstherrliches“ Agieren vor und empfahl Oberbürgermeister Jann Jakobs als „oberstem Dienstherren“, seinen Beigeordneten an die Leine zu nehmen. Im VGS „brennt es lichterloh“, beschrieb Niehaus die Stimmung unter den Kleingärtnern. Heute will er einen Offenen Brief an den Oberbürgermeister und die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung abschicken, in dem vor den Folgen von Klipps Plänen gewarnt wird. „Wir erwarten, dass sich die Abgeordneten an die getroffenen Abmachungen halten“, sagte der VGS-Geschäftsführer mit Verweis auf das Kleingarten-Konzept.

In den vergangenen Jahren habe im gesamten Stadtgebiet bereits ein „gewaltiger Raubbau“ an Kleingartenflächen stattgefunden. Dabei seien „irreparable Schäden“ angerichtet, den Wohngebieten das Grün „entzogen“ worden. Rund 400 Parzellen seien seit der Wende in Potsdam bereits verschwunden, sagte Niehaus. Neben Babelsberg habe der Verband unter anderem im Bornstedter Feld und am Jungfernsee Flächen abgeben müssen. Der letzte große Konflikt fand bekanntlich am Schlaatz statt, wo Kleingärten für den Neubau des Rewe-Marktes am Horstweg weichen mussten.

Für seine Überlegungen wurde Klipp gestern auch von der Stadtpolitik angegriffen. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg warf dem Bündnisgrünen angesichts der zurückliegenden Querelen vor, ein „hochsensibles Thema in völlig ungeeigneter Weise“ anzupacken. Die jahrelangen Diskussionen um die Sicherung des Kleingartenbestandes hätten „endlich zu einer Befriedung“ geführt, die nun ohne Not aufs Spiel gesetzt werde. Klipp entgegnete, er lasse sich keine „Denkverbote“ erteilen. Die Beschlüsse zum Erhalt der Kleingärten seien zu einem Zeitpunkt gefällt worden, an dem die „Dynamik“ der Stadtentwicklung noch nicht abzusehen gewesen sei. Bemerkenswert: Oberbürgermeister Jakobs hielt sich in der Debatte mit einer Meinungsäußerung zurück.

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