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Wenn es nach dem neuen Baubeigeordneten Matthias Klipp geht, sollen in Potsdam in Zukunft öffentlicher Nahverkehr und das Fahrrad Vorrang vor dem Autoverkehr haben.

© Manfred Thomas

Von Peer Straube: Klipp kündigt grüne Verkehrspolitik an

Abschied vom Straßenausbau im großen Stil/Abschaffung der Stellplatzsatzung gefordert

Von Peer Straube

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Der neue Baudezernent Matthias Klipp will eine ökologische Wende in der Potsdamer Verkehrspolitik einleiten. Auf einem Symposium zur Nachhaltigkeit am Donnerstagabend im Industrieclub Potsdam kündigte der Bündnisgrüne einen Richtungswechsel weg vom Autoverkehr und hin zum Nah- und Fahrradverkehr an. Scharfe Kritik übte Klipp an Geld verschlingenden Großprojekten wie der Sanierung der Humboldtbrücke und stellte erstmals den Weiterbau generell infrage. „Es ist überlegenswert, ob man das abspeckt oder sogar ganz bleiben lässt“, sagte er.

Seit Jahren habe Potsdam den größten Teil seiner Eigenmittel „für eine Autobahnbrücke“ ausgegeben. Für den zweiten Bauabschnitt müsse die Stadt nochmal acht Millionen Euro zuschießen. „Da muss man sich schon fragen, was das mit nachhaltiger Entwicklung zu tun hat.“ Spätere Generationen würden fragen, „warum wir unser Geld für solche Projekte ausgegeben haben“.

Auch die anderen Ankündigungen Klipps dürften der Potsdamer Autofahrer-Lobby Tränen der Wut in die Augen treiben. Bereits am Mittwoch hatte er erklärt, die Stadt werde keinen dritten Havelübergang bekommen. Nun ging er noch einen Schritt weiter. „Ich verspreche Ihnen, es wird auch keine Entlastungs- oder Umgehungsstraße geben“, sagte er und erteilte damit der Forderung der Bornimer Bürgerinitiative für eine Umfahrung der B 273 eine klare Absage. Investiert werden müsse stattdessen in den Ausbau des Nahverkehrs sowie des Radwegenetzes. Man könne nicht die prognostizierte Steigerung der Einwohnerzahlen an die gleichzeitige Steigerung des Autoverkehrs koppeln.

Gleiches gelte für die Frage des ruhenden Verkehrs. „Ich glaube nicht, dass man in historische Innenstädte unbedingt mit dem Auto fahren muss.“ Klipp erneuerte seine Forderung, sich von der Stellplatzsatzung zu verabschieden. Die Investoren sollten selber entscheiden dürfen, wie viele Stellplätze sie bauen wollen, sagte er und untermauerte das Dilemma mit einem Beispiel. Die Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ plane in der Waldstadt den Bau 100 neuer Wohnungen. Laut Bauordnung und Stellplatzsatzung müsse das Unternehmen pro Wohnung einen Stellplatz nachweisen und daher eine Tiefgarage bauen. „Schon jetzt ist klar, dass die Hälfte dieser Plätze gar nicht belegt sein werden“, sagte Klipp. Wegen dieser öffentlichen Vorschriften werde das Projekt nun 20 Prozent teurer, was letztlich wieder die Mieten steigen lasse.

Nachhaltigkeit und Ökologie würden in den nächsten Jahren „ständiger Begleiter“ städtischer Entscheidungen sein, kündigte der Baudezernent an. Niedriger Energieverbrauch dürfe nicht nur beim Bau neuer Quartiere, sondern auch bei der Sanierung der 64 000 Bestandswohnungen gelten. Auch Denkmale müssten so qualifiziert werden, dass sie „wenigstens ansatzweise“ Niedrigenergiestandards entsprächen. Die Prinz-von-Preußen-Grundbesitz AG habe es in der Speicherstadt vorgemacht. Dank neuer Technologien wurden dort neueste Standards teils um 30 Prozent unterschritten.

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