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Die Wissenschaft sucht nach neuen Möglichkeiten, die für die Menschheit essenzielle Ressource Phosphor wiederzugewinnen
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Phosphor wird immer knapper. Noch in diesem Jahrhundert könnten die weltweiten Vorräte bereits aufgebraucht sein. Was für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung eine Katastrophe wäre, ist doch jegliches Pflanzenwachstum nur mit Phosphor möglich. Die Wissenschaft sucht nun nach neuen Wegen, Phosphor, das hauptsächlich als Pflanzendünger eingesetzt wird, zu gewinnen. Am Leibniz Institut für Agrartechnik (ATB) in Potsdam trafen sich unlängst Experten, um das Thema Phosphor als endliche Ressource näher zu betrachten.
Phosphor ist ein Grundstoff für organisches Leben und für Düngemittel und kann durch nichts ersetzt werden. In den vergangenen Jahrhunderten sei ungefähr so viel Phosphor verbraucht worden, wie produziert wurde, stellen englische Wissenschaftler in einer historischen Analyse des Verbrauchs und der Gewinnung von Phosphor fest. Dieses Gleichgewicht aber sei aus den Fugen geraten. Das ist problematisch, denn Phosphor ist eine endliche Ressource. „Nur wenn ein Gleichgewicht der Nährstoffe im Boden herrscht, ist ein optimales Wachstum garantiert, erklärt Jürgen Kern vom ATB. „Schon wenn ein Stoff fehlt, kann dies problematisch sein“, so Kern. Zur ungleichen Verteilung der Phosphorverwertung- und Gewinnung würden auch Biogasanlagen beitragen. Denn sie würden Ausgangsstoffe verbrauchen, deren Phosphoranteil eigentlich für andere Bereiche benötigt wird.
Phosphor existiert nur in gebundener Form in anderen Stoffen. Einige der ergiebigsten Lagerstätten befinden sich in politisch eher unsicheren Gebieten wie Marokko oder der Südsahara, weitere in China und den USA. Niemand wisse genau, wie lange der Rohstoff noch gefördert werden kann. Die Schätzungen schwanken zwischen 90 und einigen Hundert Jahren, erklärte Georg Ebert, Mitarbeiter eines mittelständischen Düngemittelproduzenten. Diese Größenordnung halte die Industrie allerdings für nicht besonders problematisch. Dennoch sei es nicht immer einfach, ausreichend Phosphor als Grundstoff für die Düngemittelproduktion zu erhalten. „Mehr als acht Tonnen zu besorgen kann schwierig werden“, so Ebert. Nicht zuletzt deshalb versuche das Unternehmen, Phosphor aus schon verbrauchten Materialien zurückzugewinnen. Hierbei träten allerdings gelegentlich auch erhebliche Probleme auf. Säuren könnten entstehen, die zur Zersetzung der Produktionsgeräte führen. Es müsse eine stets gleichbleibende Qualität des gewonnenen Stoffes gewährleistet werden. Zudem seien die rechtlichen Rahmenbedingungen gelegentlich recht schwierig, wenn sich nationale und internationale Regelungen widersprechen.
Vor diesem Hintergrund sei es sinnvoll, die Rückgewinnung von Phosphor zu erforschen. Deutschland habe auf diesem Gebiet einen Technologievorsprung. „Den sollten wir wahren“, so Ebert.
Ein neues Verfahren zur Phosphorgewinnung untersuchen die Berliner Wasserbetriebe. In der Kläranlage Waßmannsdorf bei Berlin erproben sie ein nasschemisches Verfahren. Durch das Trennverfahren werden Nährstoffe wie Phosphor aus dem Abwasser entfernt und damit verwertbar gemacht. Das Verfahren werde sich allerdings erst lohnen, wenn die Preise für Phosphor aufgrund der zu erwartenden Knappheit bei gleichbleibend hohen Qualitätsanforderungen steigen, so die Autoren einer Studie.
Weitere technische Verfahren zur Phosphorproduktion zu entwickeln werde auch deshalb notwendig, weil eine Novellierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Düngemittelproduktion geplant ist. Künftig sei es voraussichtlich nicht mehr möglich, in bisherigem Umfang Klärschlämme bei der Düngung einzusetzen, so Kern. Die Rückstände aus Kläranlagen sind in zunehmendem Maße mit Antibiotika und Hormonen belastet. Gegenwärtig beträgt der Klärstoffanteil in Brandenburg an der Düngung 15,8 Prozent, auf mineralische Düngemittel entfallen 23 Prozent, Gülle und Mist werden mit einem Anteil von 61,2 Prozent auf den Feldern verteilt. Von einem Phosphormangel kann man in Brandenburg nicht sprechen, eher werde zu viel damit gedüngt, erklärte eine Sprecherin des ATB.
Letztlich geht es nun darum, den gesamten verbrauchten Phosphor wieder zurückzugewinnen, so die Forderung der Wissenschaftler. Die extrem langen und globalisierten Verwertungsketten würden dies allerdings erheblich erschweren, hieß es bei dem Potsdamer Expertentreffen. Ebenso wie der unachtsame Umgang mit dem Stoff, dessen Bedeutung noch nicht richtig eingeschätzt werde.
Richard Rabensaat
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