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Landeshauptstadt: „Knobelsdorff ist nicht zu toppen“

Debatte um Landtags-Fassade kocht hoch: Potsdams CDU-Chef Niekisch sieht Projekt „in der Krise“

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Innenstadt - Die Debatte um die äußere Gestalt des künftigen neuen Landtages auf dem Alten Markt wird immer hitziger geführt: Bereits am Dienstag hatte der Landtagsfraktions-Chef der CDU, Thomas Lunacek, eine Neuausschreibung für den Landtagsbau nicht ausgeschlossen, falls sich keiner der sechs Konsortien-Entwürfe weitgehend am Knobelsdorffschen Stadtschloss-Original orientiert. Gestern legte der Potsdamer CDU-Chef und Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch noch eine Kohle nach: Aus „allen Richtungen“ gebe es Hinweise, wonach die beiden Jury-Mitglieder, Finanzminister Rainer Speer und Landtagspräsidenten Gunter Fritsch (beide SPD), die sechs Entwürfe bereits gesehen hätten. „Frei nach Orwell“ seien „manche eben gleicher als andere“, kritisierte Niekisch den möglichen Verfahrensverstoß.

Bei einer gestrigen Pressekonferenz des Stadtschloss-Fördervereins und des Vereins „Mitteschön“ kündigte Niekisch an, den Vorgang zu prüfen. Die sechs Entwürfe „liegen in Berlin in einer Halle oder Garage“, ob jemand die Entwürfe gesehen habe, „darüber muss es Protokolle geben“, so Niekisch. Er sehe das Projekt „in der Krise“, sollte keiner der Entwürfe sich an Knobelsdorff orientieren oder Fritsch und Speer gar gegenüber den Konsortien Einfluss genommen haben im Sinne, „wer nicht modern plant, verschwendet sein Geld“. In diesem Fall sei das „ein Thema der Koalition“, denn der Landtagsneubau sei im Koalitionsvertrag der SPD-CDU- Landesregierung fixiert.

Fritsch war in der Bild-Zeitung mit den Worten zitiert worden, keiner der sechs bislang streng geheimen Architektenentwürfe für den Landtagsbau sehe – mit Ausnahme der Nordseite zum Alten Markt – eine originale Knobelsdorff-Fassade vor. Der Landtagspräsident selbst hatte jedoch zugleich klargestellt, dass bei Abweichungen vom Landtagsbeschluss kein Zuschlag erteilt werde.

Der SPD-Stadtfraktionschef Mike Schubert versuchte, die Wogen zu glätten. Es nütze nichts, jetzt bereits „einem Phantom“ nachzujagen. „Keiner von uns kennt ernsthaft die Entwürfe“, so Schubert. In der Krise sei das Projekt erst, wenn sich herausstellt, dass alle Entwürfe modern sind. Finanzminister Speer, Chef der Vergabestelle für den Landtagsneubau, teilte gestern mit, „wirre Gerüchtemacherei von interessierter Seite“ schade dem Projekt.

Am kommenden Mittwoch, dem 28. November, wird sich die Jury die Entwürfe zum ersten Mal ansehen.

Der Vorsitzende des Stadtschloss-Vereins, Michael Schöne, erinnerte an die Anfänge: So sei jahrelang nach einem Nutzungskonzept für ein wiedererrichtetes Stadtschloss gefragt worden. Die dann gefundene Antwort: „Der Landtag könnte eine gute Nutzung sein.“ Nun jedoch werde „die Sache umgekehrt“, wenn Speer und Fritsch argumentieren, es werde kein Stadtschloss sondern ein Landtag gebaut. Auch der Verweis auf Einhaltung des Landtagsbeschlusses nehme ihm nicht die Sorge: Weitgehende Annäherung an das Original, „was meint das?“ Manche verstünden darunter etwas anderes als er. Schöne definierte sein Verständnis dessen als „optische Wiedererkennbarkeit des Stadtschlosses“. Hans-Joachim Kuke, Schlossvereinsmitglied und Kunsthistoriker, pflichtete Schöne bei: „Der Geist des Landtagsbeschlusses“ sei eine detaillierte Fassadenplanung nach Knobelsdorff. Das Potsdamer Stadtschloss sei das kunstgeschichtlich bedeutendste Gebäude im heutigen Land Brandenburg gewesen. Kuke: „Knobelsdorff ist nicht zu toppen.“

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