zum Hauptinhalt
Verbotene Zone. Ende Juni hatte das Verwaltungsgericht Potsdam die verkehrsberuhigte Zone in der Bornstedter Ribbeckstraße für rechtswidrig erklärt. Derzeit prüft die Stadt Potsdam eigenen Angaben zufolge mögliche Konsequenzen aus der Entscheidung.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Knöllchen-Streit um die Ribbeckstraße

Nach dem Gerichtsurteil fordern Blitzer-Betroffene ihre Bußgelder zurück. Doch die Stadt bleibt hart.

Von Matthias Matern

Stand:

Bornstedt - Wegen der rechtswidrig eingerichteten verkehrsberuhigten Zone in der Ribbeckstraße droht der Stadt Potsdam jetzt ein Verfahren wegen Amtspflichtverletzung. Einer seiner Mandanten sei entschlossen, die Stadtverwaltung notfalls vor dem Landgericht zu verklagen, sollte die Wiederaufnahme seines Bußgeldverfahrens erneut abgelehnt werden, teilte der Potsdamer Anwalt Sven Gottschalkson den PNN am Donnerstag mit. Wie berichtet hatte Gottschalkson vor dem Verwaltungsgericht Potsdam fünf Kläger vertreten, die der Stadt vorwarfen, die Zone in der Ribbeckstraße Ende 2005 rechtswidrig eingerichtet zu haben. Ende Juni hatte das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben.

In der Urteilsbegründung, die den PNN vorliegt, stellten die Richter fest, dass für die Einrichtung der verkehrsberuhigten Zone eine entsprechende Entscheidung der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung zwingend hätte vorliegen müssen, „da es sich um eine bedeutende lokale städteplanerische Entscheidung der Gemeinde handelt“. Die „rein ordnungsrechtlichen Erwägungen der Verkehrsabteilung des Beklagten“ würden als Grundlage für die Anordnung eines solchen Bereiches nicht ausreichen, heißt es weiter. Die Stadtverwaltung hatte die Zone damals eingerichtet, nachdem sich Anwohner gegen das stark gestiegene Verkehrsaufkommen im Zusammenhang mit dem Krongut Bornstedt gewehrt hatten. Die Ribbeckstraße ist die einzige Zufahrtsstraße zum Krongut und wurde früher unter anderem auch von Reisebussen benutzt. Autofahrern jedoch wurde die nur spärlich als verkehrsberuhigte Zone zu erkennende Ribbeckstraße schnell zum Ärgernis, da es plötzlich reihenweise Bußgeldbescheide wegen überhöhter Geschwindigkeit hagelte. Laut Stadtsprecher Thomas Joerdens prüfe das Rechtsamt der Stadt derzeit mögliche Konsequenzen aus dem Urteil und ob Rechtsmittel eingelegt werden sollten. „Die Prüfung wird voraussichtlich noch bis Ende September dauern“, sagte Joerdens.

Wie angekündigt haben bereits mehrere ehemalige Verkehrssünder nach Bekanntwerden der Entscheidung der Verwaltungsrichter versucht, ihre gezahltes Bußgeld von der Stadt wiederzubekommen – allerdings vergeblich. Wie aus einem den PNN vorliegenden Schreiben hervorgeht, beruft sich die Stadt dabei auf eine Entscheidung des Amtsgerichtes, dass „verkehrsrechtliche Anordnungen in Form von Verkehrszeichen grundsätzlich zu beachten sind, so lange sie nicht durch behördliche oder verwaltungsgerichtliche Anordnung aufgehoben sind“. Zudem würde eine „verwaltungsgerichtliche Entscheidung“ bei Geschwindigkeitsverstößen keine Rückwirkung entfalten, schrieb die Stadt. „Die bereits eingegangenen Bußgeldbescheide sind rechtmäßig“, behauptete der Stadtsprecher gestern erneut.

Auch bei Rechtsanwalt Gottschalkson haben sich eigenen Angaben zufolge bereits mehrere Betroffene gemeldet. Einer davon wolle alle Mittel ausschöpfen. „Grundsätzlich gibt es drei Wege, die Rückzahlung des Bußgeldes zu erstreiten“, erläuterte er. Zum einen könnten sich Betroffene auf eine „veränderte Sach- und Rechtslage“ nach dem Verwaltungsgerichtsurteil berufen. Ein Anspruch auf die Wiederaufnahme bestehe jedoch nur, wenn das Bußgeld mindestens 250 Euro betragen habe und der Fall nicht älter als drei Jahre alt sei. „Das trifft vermutlich auf die wenigsten Fälle zu“, räumte der Anwalt ein. Außerdem müssten Bußgeldverfahren wiederaufgenommen werden, wenn zugrundeliegende Urteile später aufgehoben worden seien. „In diesem Fall handelte es sich aber um einen Verwaltungsakt“, berichtete der Verkehrsrechtexperte. Ob ein Urteil einem Verwaltungsakt gleichzusetzen sei, werde von Fachleuten unterschiedlich gesehen.

Beim Amtsgericht Potsdam ist man offenbar der Ansicht, dass beides nicht gleichzusetzen ist. Zumindest wurde laut Gottschalkson ein Antrag seines Mandanten mit dieser Begründung abgelehnt. „Inzwischen haben wir beim Landgericht Beschwerde eingereicht“, so der Anwalt.

Sollten Gottschalkson und sein Mandant auch mit der Beschwerde kein Glück haben, wollen sie die dritte Option ziehen. „Wenn man davon ausgeht, dass die Stadtverwaltung wusste, dass sie die verkehrsberuhigte Zone ohne Genehmigung der Stadtverordneten nicht hätte einrichten dürfen, kann man ihr Amtspflichtverletzung vorwerfen, die dann zu einer Amtshaftung führen würde“, erklärte der Anwalt. Infolge dessen müsste das Bußgeld zurückgezahlt werden. Da das Verwaltungsgericht keine Berufung zugelassen habe, sei die Rechtslage offenbar absolut eindeutig, meinte Gottschalkson.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })