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Irmgard Graßhoff. 100 Jahre und noch immer lebenslustig

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: „Komm, Junge, wir fliegen nach Barth“ Irmgard Graßhoff feierte gestern 100. Geburtstag

Enkel Jens-Peter (49) und Großmutter Irmgard Graßhoff sind eine verschworene Gemeinschaft. Ein halbes Jahrhundert hat die beiden zusammengeschweißt.

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Enkel Jens-Peter (49) und Großmutter Irmgard Graßhoff sind eine verschworene Gemeinschaft. Ein halbes Jahrhundert hat die beiden zusammengeschweißt. Der Enkel, der in Halberstadt als Informatiker arbeitet, besucht seine Oma jedes Wochenende und dann wird erzählt, werden Kreuzworträtsel gemacht und abends sogar geturnt. Seit Irmi – so wird sie von all ihren Freunden genannt – im Mai dieses Jahres stürzte, wollen die Beine nicht mehr mitmachen und so zog sie von der Burgstraße ins Kursana-Pflegeheim. Dort wurde gestern auch ihr 100. Geburtstag gefeiert.

Bis Mai kurvte sie aber noch mit dem Rollator durch die eigene Wohnung und versorgte sich mithilfe des Enkels selbst. Am Geburtstag hilft er bei der Verständigung mit der Jubilarin. Irmi ist geistig fit und sehr aufmerksam, nur mit dem Gehör hapert es etwas. Die enge Verbindung der beiden kommt natürlich nicht von ungefähr. Oma Irmgard hat ihren Enkel aufgezogen, war für ihn verantwortlich, da die Tochter es nicht vermochte, hat mit ihm gelernt, ihn auf den Beruf vorbereitet, dafür gesorgt, dass es mit dem Studium klappte und hat manche Überraschungen ermöglicht. Eines Tages erklärte sie: „Komm, wir fliegen jetzt mal von Berlin nach Barth.“ Als der Enkel 1990/91 sein Informatikstudium in Frankreich fortsetzen konnte, fuhr sie extra nach Wannsee zur Post, um Päckchen zu schicken. „Von dort aus ging es schneller“, erklärt sie.

Aber auch in ihrem Beruf als Krankenschwester am städtischen Krankenhaus in Babelsberg und später am Bezirkskrankenhaus Potsdam hat sie darauf geachtet, dass es ihren Schutzbefohlenen gut ging. Sie war fleißig, sorgte für gute Stimmung und pflegte ein freundschaftliches Verhältnis zu ihren Kolleginnen. Am Nikolaustag wurden die sogar mit Süßigkeiten verwöhnt.

Als Rentnerin blieb sie noch bis zu ihrem 70. Lebensjahr einsatzbereit. Sie übernahm an den Wochenenden im Krankenhaus Spät- und Nachtdienste. Damit die jungen Schwestern etwas mehr Freizeit bekamen und rechtzeitig die Disko erreichten, trat sie ihren Dienst auch mal früher als nötig an. Denn zu DDR-Zeiten war um 24 Uhr Schluss mit der Tanzerei.

Natürlich gehörten auch Ärgernisse und schwere Zeiten zum Leben von Irmgard Graßhoff. Ihr Verlobter blieb im Krieg, ehe noch geheiratet werden konnte. Doch Irmi ließ sich nicht unterkriegen, sie liebte das Leben und seine Freuden. Und noch heute lässt sie sich hin und wieder ein Gläschen Sekt oder ein Schnäpschen schmecken. dif

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