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Landeshauptstadt: Kommen, warten, gehen

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Erfolg: Die Demo der Rechten

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Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Erfolg: Die Demo der Rechten Brandenburger Vorstadt - Es war kurz vor 14 Uhr als Christian Worch mit überschlagender Stimme der Gesamteinsatzleitung der Polizei ein Ultimatum bis 16 Uhr stellte, die angemeldete Demonstrationsstrecke durch die Zeppelinstraße und Breite Straße zum Hauptbahnhof „freizuräumen“. Zu diesem Zeitpunkt standen die etwa 200 Rechtsextremen bereits knapp zwei Stunden tatenlos auf dem Schillerplatz herum. Weiträumig hatte die Polizei bereits ab 10 Uhr den Sammelort der Neonazis am Bahnhof Charlottenhof abgeriegelt. Mehrere Polizeiposten und „Hamburger Gitter“ – Straßensperren – sollten ein Durchdringen der Gegendemonstranten verhindern. Bis auf die Anwohner am Schillerplatz versammeln sich die Rechten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Noch frohen Mutes verkündet der wegen seiner bundesweiten Demonstrationsfreudigkeit bekannte Neonazi Christian Worch nach 12 Uhr polizeiliche Auflagen. Aggressive Musik tönt aus den Lautsprechern. Plötzlich Hektik bei der Polizei. Etwa 150 linke Demonstranten stehen unmittelbar nebenan auf der Nansenstraße. Mit massiven Mitteln werden die Autonomen in die Geschwister-Scholl-Straße zurückgedrängt. Dabei sind auch polizeiliche Anti-Konflikt-Teams, die in Potsdam erstmals auftreten. Den geschulten Berliner Beamten wird jeweils ein Brandenburger Kollege zur Seite gestellt, damit die Märker erste Erfahrungen im Einsatz sammeln können. Einige dieser Teams können einen Barrikadenbau an einem Supermarkt erfolgreich und konfliktfrei verhindern. Der Worch-Zug hingegen harrt weiter bewegungslos auf dem schlammigen Platz. Melancholisch-tumbe Liedermacherklänge säuseln in die Ohren der zu Untätigkeit Verdammten. Während sich die Gegendemonstranten quasi im Halbkreis um die Rechtsextremen scharen – sowohl die Kreuzung Zeppelinstraße / Breite Straße, als auch die gesamte Geschwister Scholl Straße wie auch die Kastanienallee / Ecke Zeppelinstraße sind belagert – treten die ersten Worch-Jünger den Weg in den Bahnhof an. Ahnen sie, dass es diesmal noch nicht einmal zur Ausweichroute kommen wird? Worch begibt sich mit zwei Polizisten zur blockierten Kreuzung an der Breiten Straße. Zurückgekommen – es ist 14 Uhr – fordert er die Polizei ultimativ auf, die Kreuzung zu räumen. Die Einsatzleitung reagiert diplomatisch. Man „prüfe“ die Möglichkeiten. Frust kommt auf bei den Rechten. Die Polizei umstellt die verhinderten Demonstrationsteilnehmer. Musik ertönt gar keine mehr. Fast beängstigend ruhig ist es die nächsten anderthalb Stunden. Selbst die Polizei beginnt sich zu langweilen. Immer klarer scheint allen, dass Worch in Potsdam erstmals überhaupt nicht demonstrieren kann. Sein Abbruch hingegen kommt dann doch für die meisten überraschend. Selbst die Polizei kann gar nicht so schnell den Weg zum Bahnsteig absichern, so fix wie die Rechtsextremen im Bahnhofsgebäude verschwinden. Noch zwanzig Minuten später hingegen stehen die Gegendemonstranten an den Absperrungen und warten. Erst langsam, dann aber wie ein Lauffeuer jubelt es von Balkon zu Balkon, von Menschentraube zu Menschentraube, Applaus brandet auf. Die Rechten, im Zug nach Prenzlauer Berg sitzend, um dort zu demonstrieren, hören dies jedoch nicht mehr.

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